Der Statist als Teil der Kulisse oder doch Künstler?

Ist die Tätigkeit eines Statisten an einem Theater als künstlerischer Auftritt zu werten oder ist er einfach nur Teil der Kulisse? Und sind die Einnahmen hieraus zu versteuern?

Im Einkommensteuergesetz ist geregelt, dass Einnahmen aus „nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder einer Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke“ bis zur Höhe von 2.100 Euro steuerfrei bleiben. Eine Regelung, die nicht nur aufgrund ihrer leicht bürokratischen Formulierung einer Erläuterung bedarf.

Hintergrund der Einführung der Regelung im Jahr 1991 war der Wunsch der damaligen Bundesregierung, die steuerlichen Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur zu verbessern. So sollte auch das private Engagement von Bürgern, Künstlern, Sammlern und Stiftern für Kunst und Kultur durch steuerliche Maßnahmen ermutigt werden. Die Einführung der Steuerfreiheit auf nebenberufliche künstlerische Tätigkeiten wurde damit begründet, dass hierdurch insbesondere die Arbeit der im kulturellen Bereich tätigen gemeinnützigen Vereine gefördert werden sollte.

Nach Ansicht der Finanzämter und auch der Finanzgerichte fiel allerdings die Tätigkeit eines Statisten nicht unter diese Regelung. Die Verwaltung verwies dabei auf die in der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen einer künstlerischen Tätigkeit.

Denn da hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine künstlerische Tätigkeit nur dann vorliegt, wenn eine eigenschöpferische Leistung mit einer gewissen künstlerischen Gestaltungshöhe erbracht wird. Und diese sei beispielsweise nicht gegeben, soweit sich ein Darsteller an ins Einzelne gehende Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hat. Beispielsweise wird daher der Einsatz von Schauspielern für Werbespots nicht als künstlerische Betätigung anerkannt, solange nicht die schauspielerische Leistung sondern der sachliche Inhalt des Textes oder der Bekanntheitsgrad des Schauspielers im Vordergrund steht.

Diverse Oberfinanzdirektionen wiesen insoweit ihre Finanzämter an, den Statisten die künstlerische Tätigkeit abzusprechen und den Freibetrag nicht zu gewähren. Die Einnahmen mussten insoweit nach Abzug entstandener Ausgaben voll versteuert werden.

Es dauerte 16 Jahre bis im Jahr 2007 der Bundesfinanzhof zu dem Problem Stellung bezog und entschied, dass bei einem Statisten die Kunsteigenschaft nicht bereits deshalb abgelehnt werden kann, weil die Tätigkeit Weisungen unterliegt und der Möglichkeit zur freien schöpferischen Gestaltung damit Grenzen gezogen seien. Vielmehr sei entscheidend, ob dem Statisten im Einzelfall noch ein hinreichender Spielraum zur freien schöpferischen Gestaltung bleibt und die Tätigkeit eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht.

Für den Bereich des Statisten an einem Theater oder einer Oper ist eine künstlerische Tätigkeit deshalb dann anzunehmen, wenn er Tätigkeiten ausübt, die üblicherweise auch von einem Schauspieler oder Sänger, etwa in einer Nebenrolle, wahrgenommen werden. Der Statist verlässt den Bereich erst dann, wenn er lediglich als eine Art „menschliche Requisite“ – ohne eigenen Ausdruck – als Teil der Bühnenausstattung eingesetzt wird.

Beispiel: Ein Statist übernimmt in der „Zauberflöte“ die Rolle eines Sklaven. Am Anfang des Auftritts fegt er mit anderen Statisten im Hintergrund den Boden. Währenddessen singen im Vordergrund der Bühne die „Chor-Sklaven“. In der einzigen Sprechrolle des Statisten spricht er zusammen mit den anderen Sklaven lautstark im Chor: „Pamina? Entsprungen? Oh Dank Euch, Ihr guten Götter.“

Die Tätigkeit des Statisten ist im vorliegenden Fall als künstlerische Tätigkeit zu beurteilen. Ausreichend hierfür war es, dass der Statist auf ein bestimmtes Stichwort hin sich mit den anderen Statisten zu einer Gruppe formierte, die den Eindruck einer „rebellischen Stimmung vermittelte. Die Einnahmen bleiben insoweit bis zu einem Betrag von 2.100 Euro steuerfrei.

Zu beachten ist, dass die steuerfreien Aufwandsentschädigungen auch nicht zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung zählen und insoweit hierauf auch keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen.

Eventuelle Ausgaben, die dem Statisten mit seiner Rolle entstehen, werden nur dann steuerlich berücksichtigt, wenn sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen. Übersteigen die Einnahmen den Freibetrag von 2.100 Euro sind die Einnahmen im Rahmen der Steuererklärung des Statisten zu versteuern.

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