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Wir wollen nicht angeben mit unserer Collage. Sondern uns damit einfach mal zurückbedanken für die vielen Dankeschöns auf unsere Brancheninfos. Das spornt uns an. | Collage © cinearte

Die überall angekündigten Hilfsprogramme sind da (oder zumindest fast), Unsicherheit herrscht weiterhin in Sachen Kurzarbeit. Und wir schildern ein Beispiel, wie man die Krise zum Guten nutzen kann. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können. 

 

Der Bundespräsident hat heute das Gesetzespaket mit den Milliardenhilfen in der Corona-Krise unterzeichnet. Die Gesetze müssen jetzt nur noch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden, dann soll die Hilfe rollen. 

Doch wie funktionieren diese und ähnlich Hilfsmaßnahmen in der Praxis? Wir bitten alle, die bereits Erfahrungen mit den Soforthilfen aller Art gemacht haben, um eine Einschätzung beziehungsweise einen Erfahrungsbericht.

 

Seit dieser Woche gibt es einen Kurzarbeit-Tarifvertrag für die Branche. Und der schafft weitere Unsicherheit. Die Berufsverbände prüfen noch, Juristen auf beiden Seiten sehen Probleme und zu viele offene Fragen. Und wie viele Fragen tatsächlich noch offen sind, erfahren wir seitdem in ratlosen E-Mails von Betroffenen. Die Antworten wissen wir auch nicht. Zum Ende der Woche scheinen uns aber folgende Hinweise für Betroffene, also alle Filmschaffende, die einen laufenden Vertrag haben, hilfreich zu sein:

# Überstürzt nichts.
# Erstmal keine Kurzarbeitergeld-Vereinbarung unterschreiben, die sich auf diesen Tarifvertrag beziehen, denn die Gageneinbußen und die „Anordnung“ scheinen zu groß zu sein. Für Verdi-Mitglieder kann die Kurzarbeit natürlich angeordnet werden.
# Die Entwicklung der nächsten Tage und die Einschätzungen und Empfehlungen der Berufsverbände abwarten.
# Solange keine Kurzarbeitergeld-Vereinbarung vom Filmschaffenden unterschrieben wurde, läuft der Gagenanspruch in vereinbarter Höhe weiter. Erst durch eine Kurzarbeitergeld-Vereinbarung verliert man diesen.
# Lieber keine Kurzarbeitergeld-Vereinbarungen unterschreiben, die irgendeine Änderung oder Verkürzung der Vertragslaufzeit zur Folge haben könnten. Die Verträge laufen ja nicht etwa zu dem in den Verträgen meistens „voraussichtlich“ genannten Termin aus, sondern erst mit der tatsächlichen Fertigstellung des Films. Es handelt sich bei den Verträgen in der Regel nicht um zeitlich befristete Verträge, sondern um „zweckbefristete“. Erst mit der Fertigstellung der Produktion wird deren Zweck erreicht und das Arbeitsverhältnis beendet. Daher heißt der Tarifvertrag ja auch „für auf Produktionsdauer beschäftigte Film- und Fernsehschaffende“.
# Vor dem Unterschreiben die Vereinbarung möglichst von einem Rechtsanwalt oder einer Einrichtung, die rechtsberatend tätig sein darf, prüfen lassen.

 

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Hand in Hand am Band. Im Youtube-Video erklärt die Agentur für Arbeit die Sache mit dem Kurzarbeitergeld. Doch die Filmbranche tickt anders. | Screenshot

Ab heute gilt ein Tarifvertrag zur Kurzarbeit, und er wirft auf allen Seiten neue Fragen auf. Wir verweisen auf erste Einschätzungen und Reaktionen und zeigen nützliche Links zu Antworten zum Arbeitsrecht. Und zeigen einige Ausblicke in die Zukunft, die auch unser Kolumnist teilt. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare an (Aktiviere Javascript, um die Email-Adresse zu sehen). Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können. 

 

Vorab ein Nachtrag: Schon vorige Woche hatte der Bundesverband Herstellungs- und Produktionsleitung (HBU) beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) München nachgefragt, wie das Verbot von Dreharbeiten genau zu verstehen sei. Generell, lautet kurzgefasst die Antwort, die uns vorliegt: „Mit Blick auf die Intention der Allgemeinverfügung ist es hierbei unerheblich, ob die Drehaufnahmen auf öffentlichem Verkehrsgrund oder auf Privatgrund stattfinden. […] Entsprechend sehen wir auch die Durchführung von Drehaufnahmen auf Privatgrund im Freien sowie die Durchführung von reinen Innendrehs bis zum 19. April 2020 nach Maßgabe der Allgemeinverfügung als nicht erlaubt und nicht erlaubnisfähig an. Es würde explizit dem Sinn der Allgemeinverfügung entgegenlaufen, (gewerbliche) Aktivitäten vom öffentlichen Grund auf Privatgrund bzw. Indoor zu verlegen. Zudem ist aus Sicht des Infektionsschutzgesetzes zu beachten, dass die Gefahr einer Verbreitung des Virus in geschlossenen Räumen viel höher ist als im Freien.“ 

Ob oder wie etwaige Verstöße dieser Art kontrolliert werden, teilt das KVR nicht mit. Nach Auskünften aus Gewerkschaftskreisen richten sich die Behörden in Bayern weitestgehend nach der Aussage des Filmbüros des KVR München: „Die Behörden haben aber erst einmal keine Handhabe, weil sie ja nur Genehmigungsstellen sind. Zuständig für den Vollzug auf Privatgrund ist die Polizei.“

 

„Die Dreharbeiten müssen aufhören, jetzt!“ berichtete gestern die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“: „Es ist unklar, ob sie arbeiten dürfen und wer ihre Ausfälle zahlt. So ergeht ein dramatischer Appell an Politik, Verwaltung und Sender.“ 

Seit heute fordert eine Petition ein einheitliches Verbot von Dreharbeiten für fiktionale Kino- und TV-Produktionen. Absender sind Produzentenverband und acht weitere Berufsverbände und Organisationen.

  

Wie geht’s weiter nach der Krise? Der Zukunftsforscher Matthias Horx hat vier Szenarien entworfen. Das optimistischste zeichnet eine neue, aber überwiegend positivere Welt mit veränderten Werten. Anschaulich schildert er es in einem Rückblick: Wie wir in einem halben Jahr auf die Krise und das Virus blicken werden.

Der Zukunftsforscher Horst Opaschowski sieht das übrigens ähnlich optimistisch: „Jetzt bildet sich eine Selbsthilfegesellschaft aus der Einsicht, aufeinander angewiesen zu sein.“

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Ja, wir wissen es: Unser Foto zeigt einen Kleinbilddiafilm. Der hat aber auch 35 Millimeter und sieht ebenso cool aus. | Foto © Pexels auf Pixabay

Die Lage ist unübersichtlich – aber rege. Neue Hilfspakte sollen auch Soloselbständigen helfen, Produktionen werden unterbrochen und schaffen neue Unsicherheiten: Vermehrt erreichen uns Fragen zu Kündigungen und Vertragsauflösungen. Leider können wir zu Einzelfällen keine arbeitsrechtliche Einschätzung abgeben, und verweisen an die Kompetenz von Berufsverbänden, Gewerkschaften und Beratern. Wir wollen aber ab dieser Ausgabe versuchen, anhand der vielen Rückmeldungen doch etwas Überblick zu schaffen: Wo wird noch gedreht und wo nicht? Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können. 

 

Übrigens: Es geht nicht nur um das Leben von Oma und Opa. 

 

Selbstständige, Freiberufler und Kleinunternehmer sehen durch den Coronavirus auch ihre Existenzgrundlage bedroht. Welche Hilfen der Staat ihnen bietet und was sie selbst tun können, zeigt ein umfassender Überblick im Gründerlexikon. Zwei Maßnahmen werden, wo möglich, als erste Reaktion auf den Krisenmodus empfohlen:
1. Einnahmen vorziehen und Ausgaben zurückstellen: Noch offene Rechnungen sollten schnellstmöglich eingefordert, Betriebsausgaben verzögert und zurückgestellt werden.
2. Überstunden abbauen und Minusstunden aufbauen.

Mal sehen, was draus wird: Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat intern angeregt, ein „unbürokratisch und schnell umsetzbares“ Zuschussprogramm für alle Soloselbstständigen in Berlin aufzulegen, die durch alle bisher aufgelegten Förderprogramme fallen beziehungsweise nicht von Steuerermäßigungen profitieren können. Sie sollten mit jeweils 15.000 Euro unterstützt werden, meldet der „Tagesspiegel“.

Die Regisseurin Bettina Kenter-Götte hat in ihrem Buch „Heart’s Fear – Hartz IV – Geschichten von Armut und Ausgrenzung“ die Nöte von vielen Freischaffenden und Selbstständigen in Deutschland exemplarisch beschrieben – noch ganz ohne Coronakrise. Im Interview mit Radio Lora sprach sie am Dienstag über deren Auswirkungen auf die  freien Bühnen- und Medienschaffenden (ab Minute 26:50).  

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#wirbleibenzuhause: Auf Youtube melden sich die Nachbarn aus Österreich zu Wort. | Screenshot

Reihenweise schalten Produktionen auf Pause oder werden abgesagt, an anderen Orten wird noch gedreht. Die Lage ist unübersichtlich, Produzent*innen können und müssen noch selbst entscheiden. An vielen Filmschaffenden gehen die versprochenen Hilfsmaßnahmen vorbei. Bei der Suche nach Lösungen kommt auch ein umstrittenes Konzept wieder in die Diskussion. Wir danken Ihnen für Ihre Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare an (Aktiviere Javascript, um die Email-Adresse zu sehen). 

Zur Einstimmung ein kurzes Video. 

Gestern tagte in Wiesbaden der Krisenstab der Hessischen Landesregierung. Der wurde 2005 geschaffen, um „für die Bewältigung einer landesweiten Lage von politischer Bedeutung“ die Maßnahmen quer durch alle Ressorts zentral zu steuern.

Es ist das erste Mal, dass der Krisenstab zusammengerufen wurde, sagte uns ein leitender Mitarbeiter der Landesverwaltung. „Das gab es bisher in Hessen noch nie und zeigt nochmals den Ernst der Lage.“

„Wir haben vollstes Verständnis für die Entscheidung der Produzenten, die Dreharbeiten vorerst um einige Wochen zu verschieben […] Wir sind es in unserem Projektgeschäft gewohnt, flexibel auf solche Situationen wie Verzögerungen, Verschiebungen oder Abbrüche zu reagieren. Das Personal auf den Projekten wird zum Teil weiterbeschäftigt. Bei einem Teil der Crew handelt es sich um Freelancer, zum Beispiel Handwerker, die auch nicht filmbezogene Aufträge annehmen, bei denen wir nur hoffen können, dass sie uns bei der Wiederaufnahme der Produktion noch zur Verfügung stehen.“ So zitierte die Süddeutsche Zeitung gestern Studio Babelsberg und versuchte einen Überblick der gegenwärtigen Produktionslandschaft. Der Titel ist Programm: „Wir machen weiter, solang es geht“.

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Den aktuellen Corona-Stand in Deutschland zeigt eine Karte, die nach den Daten des Robert-Koch-Instituts ständig aktualisiert wird. Sie hängt allerdings mindestens einen Tag hinterher. | Screenshot

Zahlreiche Fragen und Ergänzungen haben wir auf die erste Brancheninfo zum Coronavirus erhalten. Einige werden in der heutigen zweiten Folge beantwortet, auf die anderen werden wir in den kommenden Tagen eingehen. Allerdings: Detaillierte Antworten zu Einzelfällen können wir nicht liefern. Für eine individuelle arbeitsrechtliche Einschätzung verweisen wir an Berufsverbände, Gewerkschaften und Berater. Wir danken Ihnen für Ihre Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare. 

Am Montag Nachmittag hat auch die Bundesregierung drastischere Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus erlassen. Das öffentliche Leben wird stark eingeschränkt, Dreharbeiten außerhalb von Studios dürften somit in ganz Deutschland nicht mehr möglich sein.

Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Allgemeine Zeitung berichteten heute dazu.

Eine Übersicht der internationalen und deutschen Risikogebiete hat das Robert-Koch-Institut (RKI) zusammengestellt. Den aktuellen Stand in Deutschland zeigt eine Karte, die auf Basis der Daten des RKI aktualisiert wird, hängt damit allerdings mindestens einen Tag hinterher.

Reisewarnungen und Hinweise gibt das Auswärtige Amt.

Die Probleme der Produzenten mit dem Coronavirus schildert Jan Philip Lange (Junifilm) in Blickpunkt:Film: Ausfallversicherungen greifen nicht bei höherer Gewalt wie einer Pandemie. Er mahnt eine Lösung an: „Wenn Staat und Filmförderungen hier mit den Filmversicherern kooperieren und eine Art branchenspezifische Rückversicherung bilden könnten, wäre meines Erachstens viel gewonnen. Ziel müsste sein, dass die Filmversicherer wieder Deckung im Schadensfall auch durch Corona zusagen können und sich in einem Schadensfall dann an Staat und Förderer als Rückversicherer wenden können.“

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„Der Filmsound ist 50 Prozent des Kinoerlebnisses“, meint George Lucas, der auf seiner Skywalker Ranch selbst am Klangerlebnis tüftelte. Doch in der Förderung ist für die große Wirkung kaum etwas vorgesehen. Und als letztes Glied in der Produktionskette bleibt für die Tonarbeit auch nur wenig übrig. | Foto © Skywalker Ranch

Auch die Berufsvereinigung Filmton (BVFT) hat sich zur Novellierung des Filmförderungsgesetzes zu Wort gemeldet. In ihrer Stellungnahme konzentriert sie sich „auf künstlerische und vor allem soziale Aspekte, die sich einander bedingen.“ Der künstlerischen Aspekt heißt, erstmal klarzumachen, was die Tonspur alles für den Film leistet. Das ist eine lange Aufzählung und mündet in dem einfachen Satz von George Lucas: „Der Filmsound ist 50 Prozent des Kinoerlebnisses.“

Paradoxerweise machen die Kosten für diese 50 Prozent Wirkung nur einen Bruchteil von dem aus, was auf die Bildherstellung verwendet wird, erklärt die BVFT, die mehr als 400 Filmtonschaffende in Deutschland vertritt. Die Berufsvereinigung betont die kreative und zeitintensive Leistung der vielen spezialisierten Tongestalter*innen und überhaupt den Stellenwert dieser Arbeit: „Die Ton-Postproduktion nimmt insbesondere bei der Produktion von Kinofilmen einen erheblich größeren und zeitlich längeren Teil ein als der Dreh.“

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Für das Drama „Euphoria“ arbeiteten Produzenten aus Großbritannien, Schweden und Deutschland zusammen – da können mit dem ­deutschen System der Regieassistenz nur wenige etwas anfangen, meint Benedict Hoermann (hinten): „Man kann sich weltweit an jedes Set stellen, und sofort sind die Verantwortlichkeiten und Abläufe klar.“ | Foto © Jürgen Olcyk, Tatfilm

Assistant Director oder Regieassistent? Fast die ganze Filmwelt arbeitet nach dem ersten System, doch in Deutschland tut man sich noch schwer damit. Dabei sei es besser für die wachsenden­ ­Erfordernisse geeignet, meint Benedict Hoermann von der Assistant Directors Union.

Herr Hoermann, im Frühjahr hat sich die Assistant Directors Union (ADU) als eigenständiger Berufsverband vorgestellt. Sie vertreten die Interessen der (Assistant Directors (AD) und Regieassistent*innen. Gehören sie nicht in den Bundesverband Regie?

Das hat mit unserer Entstehungsgeschichte zu tun. Die ADU gibt es schon länger, und anfangs ging es uns nicht darum, einen Berufsverband zu gründen …

Sondern?

Die meisten von uns sind Quereinsteiger. Regieassistenz ist ja kein Ausbildungsberuf. Die Chance, von anderen zu lernen, ist kaum gegeben. Wir sind Autodidakten. Ich selbst bin 2001 in diesen Beruf „reingerutscht“, hatte aber nie die Chance, mich wirklich intensiv mit anderen Regieassistent*innen auszutauschen. oder von anderen zu lernen. So kam ich vor Jahren auf die Idee, eine Plattform zu schaffen, auf der sich Regie­assistenten und AD begegnen und Erfahrungen jeglicher Art austauschen können.

Wozu ein Berufsverband ja unter anderem ebenfalls da ist.

Natürlich. Wenn der Verband einer Berufsgruppe den nötigen Stellenwert einräumt. Für mich war der BVR die Interessenvertretung der Regisseur*innen. Wie intensiv dort die Lobbyarbeit für die Berufsgruppe Regieassistenz betrieben wird, war mir nicht klar.
Nichtsdestotrotz habe ich eine andere Auffassung von meiner Arbeit als der BVR. Dort wird dIe Regieassistenz noch als die künstlerische „rechte Hand“ der Regisseur*innen verstanden. Ich hingegen habe mich schon früh mit dem angelsächsischen AD-System identifiziert, bei dem ich die Regie nicht nur kreativ, sondern überwiegend logistisch und organisatorisch unterstütze.

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Die Arbeitstage sind lang, die Bezahlung schlecht, die Ausbildung bleibt auf der Strecke. Als Filmland liefert Deutschland keine gute Rolle ab. Kein Wunder, dass hier die Arbeitskräfte ausgehen. | Foto © Jana Cerno

Herr Zenglein, viele Filmschaffende klagen über die schlechte Bezahlung. Dabei ist laut Tarif die Vergütung für die einzelnen Gewerke wie Kamera, Beleuchtung und Ton ganz ordentlich. Die Wochengage für einen Tonmeister liegt laut Verdi bei 1.607 Euro und für einen erfahrenen Kameramann bei 2.999 Euro. Sieht die Realität so viel anders aus?

Filmschaffende arbeiten projektbezogen und damit überwiegend in befristeten Arbeitsverhältnissen. In der Regel sind sie nur einen Teil des Jahres in Lohn und Brot. Die Beschäftigungsverhältnisse dauern im Schnitt zwischen zwei bis zehn Wochen. Davor und danach sind meist lange Zeiten der Arbeits- und/oder Beschäftigungslosigkeit. Selbst wenn man eigentlich genügend Angebote bekommt, kann man zwei Drittel nicht wahrnehmen, weil sie sich mit den bereits zugesagten oder gerade stattfindenden Projekten überschneiden. 

Aber wer regelmäßig Jobs bekommt und Tarifgage erhält, fährt doch eigentlich ganz gut?

Zunächst einmal ist zu sagen, dass die Tarifgage, die als Einstiegs-Gage für Berufsanfänger gilt, an sich schon viel zu niedrig ist, um über das Jahr inklusive Krankheit, Weiterbildung, Urlaub und Altersvorsorge genug zu verdienen.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Tarifvertrag keine Allgemeinverbindlichkeit hat und für die vielen Solo-Selbstständigen von Haus aus keine Anwendung findet. Aber auch da, wo er eingehalten werden müsste, wird er regelmäßig unterlaufen. Fälschung von Stundenzetteln auf Ansage gehört zur gängigen Praxis.

Die Tarifgagen sind also zu niedrig und finden ohnehin kaum Anwendung? Weiterlesen

Mehrmals bekennen sich ARD und ZDF in ihrer gemeinsamen Stellungnahme zur Filmförderung des Bundes. Sie fordern aber auch, sie an „die neuen ­Herausforderungen“ anzupassen. | Foto: ZDF

Mehrmals bekennen sich ARD und ZDF in ihrer gemeinsamen Stellungnahme zur Filmförderung des Bundes. Sie fordern aber auch, sie an „die neuen ­Herausforderungen“ anzupassen. | Foto: ZDF

„Der Kinofilm ist wesentlicher Bestandteil unserer Kultur und des gesellschaftlichen Diskurses. Er spiegelt unsere Gesellschaft und unser Zusammenleben, er eröffnet uns neue Perspektiven und fordert uns heraus.“ Schöner hätte es die AG Kino nicht schreiben können. Doch wer da so vom Kino schwärmt, ist das Fernsehen, öffentlich-rechtlich: ARD und ZDF [PDF].

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Smart startet vor 20 Jahren in Belgien, inzwischen gibt es das Genossenschafts-Modell in neun europäischen Ländern: Selbstständige und ­Kollektive teilen sich als Mitglieder einer Genossenschaft die Kosten und Verantwortung für die Verwaltung und die administrative Abwicklung ihrer Projekte. Und abgesichert sind sie auch. | Foto ©?Screenshots

Smart startete vor 20 Jahren in Belgien, inzwischen gibt es das Genossenschafts-Modell in neun europäischen Ländern: Selbstständige und ­Kollektive teilen sich als Mitglieder einer Genossenschaft die Kosten und Verantwortung für die Verwaltung und die administrative Abwicklung ihrer Projekte. Und abgesichert sind sie auch. | Foto © Screenshots

Magdalena Ziomek, Sie sind Gründerin, Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied der Genossenschaft SMartDe. In drei Sätzen: Was ist Smart?

Wir nennen uns eine Genossenschaft der Selbständigen. Smart verbindet die Freiheit eines Selbständigen mit der Sicherheit eines Angestellten. Als „Genosse“ kann man sich für die Dauer eines Projekts anstellen lassen und hat dann die entsprechenden Vorteile …

Das klingt wie ein Trick für Scheinselbständige.

Ganz und gar nicht! In jeder Firma können sich Inhaber*innen ja auch selbst einstellen und ein Gehalt zahlen. Bei uns haben alle Genoss*innen Anteil an der Firma. Sie sind Mitbestimmer, und zwar in einer höchst demokratischen Struktur: Jeder hat nur eine Stimme, unabhängig von der Zahl der gekauften Anteile. Die Generalversammlung ist ein übergeordnetes Organ. Unsere Genossen sind gleichzeitig Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Unternehmer und Mitbesitzer der Genossenschaft. 

Jetzt klingt es fast zu schön, um wahr zu sein.

Tatsächlich ist der Gedanke, den wir hier leben, ziemlich neu: Wir sind an die Trennung in Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewöhnt. Doch die Zeiten haben sich geändert und die Arbeit auch. Vieles, gerade im Kulturbereich mit seinen befristeten Projekten, lässt sich nicht so gut im deutschen Arbeitszeitgesetz verankern. 
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Mit „Schneeblind“ drehte Arto Sebastian (hinten) seinen Abschluss an der Filmakademie Baden-Württemberg und gab sein Debüt im Dritten. Im Indiefilmtalk spricht er übers Filmproduzieren. | Foto © SWR

Mit „Schneeblind“ drehte Arto Sebastian (hinten) seinen Abschluss an der Filmakademie Baden-Württemberg und gab sein Debüt im Dritten. Im Indiefilmtalk spricht er übers Filmproduzieren. | Foto © SWR

Neben der kreativen Arbeit am Set ist die Arbeit in der Produktion eine der wichtigsten Aufgaben bei der Umsetzung eines Films. Hier werden die Weichen für das Projekt gestellt und die richtigen Leute, Unterstützer und Förderer gefunden. Weil das für Produzent*innen eine sehr intensive Zeit ist und die Reputation daran hängt, ist die Auswahl des richtigen Stoffes und der „richtigen“ Person für die Umsetzung besonders wichtig.

In dieser Folge des Indiefilmtalk-Podcasts beschäftigen wir uns mit der Produktion von Debütfilmen. Wir reden mit Produzent Arto Sebastian von Wood Water Films über die Entscheidung, mit seinen Kollegen gleich nach dem Filmstudium 2016 eine eigene Produktionsfirma zu gründen, und wie ihre Arbeit aussieht.

Außerdem schauen wir uns an, wie wichtig Kontakte und die eigene Reputation für die Förderung sind, was die Schwierigkeiten bei Auslandskoproduktionen sind und sprechen darüber, was ihn dazu bewegt, mit bestimmten Regisseur*innen und Autor*innen an einem Film zu arbeiten.

 

Wie hältst du’s mit dem Tarifvertrag? Die Filmförderungsanstalt (FFA) wollte es wissen, die Produzentenallianz ließ anders fragen, und antworten konnte jeder, wie er wollte. Ergebnis: 72 Prozent der Produktionsunternehmen orientieren sich „immer“ oder „überwiegend“ am Gagentarifvertrag. Die FFA druckte das anstelle einer echten statistischen Auswertung nach. | Grafik © cinearte

Seit zwei Jahren hat die Filmförderungsanstalt (FFA) des Bundes eine weitere Aufgabe erhalten, nämlich „darauf hinzuwirken, dass in der Filmwirtschaft eingesetztes Personal zu sozialverträglichen Bedingungen beschäftigt wird.“

Wie und wann das geschehen soll, wird nicht erklärt. Lediglich eine konkrete Handlungsanweisung gibt das Filmförderungsgesetz (FFG) [PDF] von 2017 der FFA: Der jährliche Förderbericht soll fortan „eine statistische Auswertung der Informationen zur Anwendbarkeit von Branchentarifverträgen oder vergleichbaren sozialen Standards“ enthalten, besagt Paragraf 169.

Doch der Geschäftsbericht 2017, der erste unter dem aktuellen Gesetz, enthielt nichts dergleichen. Die „genannten Daten werden mit der Schlussprüfung erhoben, normalerweise zwei bis drei Jahre nach der Förderzusage“, erklärte die FFA im Mai auf Nachfrage von cinearte. „Eine statistische Auswertung ist also frühestens 2019 möglich und wird dann im entsprechenden Förderbericht veröffentlicht.“  

Der Geschäftsbericht 2018 erschien am 11. Juli dieses Jahres – wieder ohne die verlangte Statistik, weil „belastbare Daten aus den seit 2017 geförderten Produktionen erst frühestens Mitte 2019 vorliegen werden“, schreibt die FFA wieder als Erklärung dazu. Um der Verpflichtung des Paragrafen 169 dennoch nachzukommen, griff sie einfach auf die „Produzentenstudie 2018“ zurück, die bereits im vorigen Herbst erschienen ist, und druckte den „entsprechenden Abschnitt“ einfach nach [PDF].

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Der Branche gehen die Arbeitskräfte aus. Das liegt nicht nur daran, dass mehr gedreht wird. ­­Einige kehren der Branche einfach den Rücken. Warum? Ein Erfahrungsbericht mit Vorschlägen. | Foto © Archiv

Der Branche gehen die Arbeitskräfte aus. Das liegt nicht nur daran, dass mehr gedreht wird. ­­Einige kehren der Branche einfach den Rücken. Warum? Ein Erfahrungsbericht mit Vorschlägen. | Foto © Archiv

Ich bin jetzt seit über zehn Jahren beim Film. Ich habe mit 17 mein erstes Praktikum gemacht und wusste sofort: Da will ich hin! Die Mischung zwischen laufender Baustelle und Kunst, der Rhythmus, der Typ Mensch, der sich für den Beruf entscheidet – das traf alles meinen Geschmack. Man verdient, subjektiv betrachtet, nicht schlecht, kann im Winter ein paar Wochen wegfahren ohne zu befürchten, den Job zu verlieren, und es ist äußerst vielfältig und abwechslungsreich. Aber der Schein trügt und nicht zu knapp. Vielleicht war ich noch zu jung, um das endlose Spiel zu durchschauen. Vielleicht habe ich mich auch von den unzähligen Wichtigtuern blenden lassen. Den Weitblick hatte ich auf jeden Fall nicht, und jetzt stehe ich da ohne Ausbildung, ohne Abschluss, mit einer Berufsbezeichnung, die man „Set-Aufnahmeleitung“ nennt, und mit der ich woanders nichts anfangen kann. 

Meine berufliche Hinrichtung fand allerdings erst statt, als ich Mutter wurde. Es fing schon damit an, dass mir die Elternzeit durch die Agentur für Arbeit nicht anerkannt wurde, weil ich nicht „unmittelbar vor dem Mutterschutz“ sozialversicherungspflichtig war. Zwischen dem Zeitkonto und dem Mutterschutz lagen etwa zwei Wochen. Ich stand also da mit einem einjährigen Kind, ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Gedanke, wieder in den Job einzusteigen, als wäre nichts gewesen, war absurd: tariflich festgelegte 13-Stunden-Tage (2016), Reisebereitschaft, Bereitschaft zur Arbeit an Wochenenden und Feiertagen sowie Nachtarbeit, kurzfristige und absolute Verfügbarkeit. Das mag alles machbar sein, wenn man ungebunden ist, aber mit Kindern ist das unmöglich. 

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„Soziale und ökologische Nachhaltigkeit jetzt!“ fordert die Branchenplattform Crew United. Oder einfacher gesagt:? Die Agenda 2030 gilt auch für die Filmbranche. | Foto © Archiv

„Soziale und ökologische Nachhaltigkeit jetzt!“ fordert die Branchenplattform Crew United. Oder einfacher gesagt:? Die Agenda 2030 gilt auch für die Filmbranche. | Foto © Archiv

Das Filmförderungsgesetz (FFG) prägt die deutsche Filmkultur und Filmwirtschaft, der Gesetzgeber schafft damit den gesetzlichen Rahmen und beauftragt die Filmförderungsanstalt (FFA) mit der Umsetzung. Eine Novellierung des FFG muss mit den kultur-, gesellschafts- und umweltpolitischen Zielen der Bundesregierung übereinstimmen.

Eines der wichtigsten Zielsysteme, denen sich die Bundesregierung verpflichtet hat, sind die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030, die „Sustainable Development Goals“. Sie richten sich an Regierung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft.

Die deutsche Filmbranche ist bei sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit leider nicht Vorreiter, sie hinkt vielmehr weit hinterher: Studien weisen auf die drohende Altersarmut vieler Filmschaffender hin; Projektarbeiter*innen (insbesondere Solo-Selbstständige) fallen durch das soziale Netz; Diesel-Generatoren sind der Standard an Filmsets; der Gender Pay Gap ist bittere Realität vieler weiblicher Filmschaffender.

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Ein Gesetz, dass Urheber und ausübende Künstler stärken sollte, läuft Gefahr, sich ins Gegenteil zu verkehren. Betroffen sind nicht nur Autoren und Journalisten, sondern auch Filmschaffende wie Regisseure als Urheber, oder andere ausübende Künstler wie Cutter, Sounddesigner, Schauspieler u.v.a.

Der aktuelle Gesetzentwurf zur Reform des Urhebervertragsrechts, wie er nun von der Bundesregierung vorgelegt wurde, stößt auf massive Kritik auf Seiten der Urheber und ausübenden Künstler.

Während der Berlinale hatte Bundesjustizminister Heiko Maas bei einer Podiumsdiskussion des BFFS in der Akademie der Künste noch betont, dass er zentrale Punkte seines Reformvorhabens für das Urhebervertragsrecht wie bspw. den Auskunftsanspruch zugunsten der Urheber über die Nutzungs- und Verwertungsumfang ihrer Werke oder das Verbandsklagerecht durchboxen wolle.
Wenige Tage später wurde durch den Regierungsentwurf klar, dass dem Lobbying ? insbesondere von Seiten der Verlage ? in weiten Teilen nachgegeben wurde und zentrale Punkte des ursprünglichen Referentenentwurfs zum Opfer fallen werden. Weiterlesen