Schlechter Umgang: „Causa Teichtmeister“

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„Corsage“ ist Österreichs Kandidat für den „Oscar“. Doch Sisi hat ein Problem: Florian Teichtmeister (rechts) spielt ihren Gatten, den Kaiser Franz Josef. | Foto © Alamode

Der Schauspieler Florian Teichtmeister muss sich wegen Kinderpornografie vor Gericht verantworten. Er zeigt sich geständig. Theater und Sender reagieren prompt. Doch der Fall beschädigt auch andere. 

Der Schauspieler Florian Teichtmeister ist mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Die Polizei hat bei dem 43-Jährigen eine „ungewöhnlich große Menge“ an kinderpornografischem Material sichergestellt, meldete der ORF am Freitag voriger Woche. Die Ermittlungen dazu liefen eineinhalb Jahre, im Februar muss sich Teichtmeister vor Gericht verantworten. Nach Angaben seines Anwalts Michael Rami sei der Schauspieler „im gesamten Ermittlungsverfahren geständig gewesen und habe immer mit den Behörden kooperiert. Auch befinde er sich seit zwei Jahren in psychologischer Behandlung, damit sei es ihm ,gelungen, seine seelischen Probleme aufzuarbeiten, die ihn zum Besitz der besagten Dateien gebracht hatten’, so Rami gegenüber dem ORF.“

Wie die Branche reagiert, hat Joachim Huber am Montag im „Tagesspiegel“ zusammengefasst: Beim ZDF steht in der nächsten Woche die Krimireihe „Die Toten von Salzburg“ auf dem Programm, in der Teichtmeister den Major Peter Palfinger spielt. In der neuen Folge „Schattenspiel“, die in Österreich schon vor zwei Wochen lief, sollte Palfinger, sonst eine Hauptfigur, in lediglich einer kurzen Schlussszene zu sehen sein. Die deutsche Ausstrahlung werde um diese etwa 40 Sekunden gekürzt.

Der ORF hat gleich sämtliche Filme mit dem Darsteller aus dem Programm gestrichen und jede weitere Zusammenarbeit ausgeschlossen. Das Wiener „Burgtheater“ warf Teichtmeister „mit sofortiger Wirkung“ aus dem Ensemble. Die Kinokette Cineplexx nahm den Film „Corsage“ aus dem Programm. In dem Film über die österreichische Kaiserin „Sisi“ spielt Teichtmeister Kaiser Franz Josef. Der Film von Regisseurin Marie Kreutzer ist Österreichs Einreichung für den „Oscar“. 

Und zumindest das soll auch so bleiben, hätten die Verantwortlichen des Films und der zuständige Fachverband beschlossen: „Teichtmeister ist nicht ,Corsage’ und seine Person ist von der herausragenden künstlerischen Leistung der Regisseurin Marie Kreutzer und dem Film ,Corsage’ selbst klar zu trennen“, erklärte Fachverbandschef Alexander Dumreicher-Ivanceanu am Sonntag.

Der „Standard“ machte sich am nächsten Tag trotzdem Sorgen, denn „die US-Filmbranche und damit auch die Academy durchläuft seit einigen Jahren eine Sensibilisierung.“ Die Nominierungen werden am kommenden Dienstag bekanntgegeben.

In der „Kleinen Zeitung“ zeigten sich das Produktionsduo des Films, Johanna Scherz und Alexander Glehr, schockiert von den Nachrichten und enttäuscht vom Umgang Teichtmeisters mit der Causa. Sie hätten „erwartet, dass er uns spätestens mit dem Beginn polizeilicher Ermittlungen über die Vorwürfe gegen ihn informiert. Das Gegenteil war der Fall: Florian Teichtmeister hat nach dem Auftauchen erster Gerüchte nach dem Ende der Dreharbeiten im Herbst 2021 auf dezidierte Nachfrage – nicht nur für uns glaubhaft – versichert, dass die Gerüchte um seine Person falsch seien.“ 

Vorwürfe gegen den Schauspieler waren bereits seit September 2021 bekannt.  Gegenüber dem „Burgtheater“ habe Teichtmeister sie „allesamt glaubhaft bestritten“, erklärte dessen Leiter im Interview mit dem „Standard“.

So stellen es auch ORF und die Produktionsfirma Satel dar. Gleichwohl hatten sie sich vorbereitet, und Teichtmeisters Hauptrolle erstmal zum Kurzauftritt runtergeschrieben. Satel, ORF und das ZDF als Kooperationspartner seien nach den ersten Vorwürfen und Teichtmeisters Dementi übereingekommen, dass eine „Weiterführung seiner Rolle in ,Die Toten von Salzburg’ im gewohnten Ausmaß nur stattfinden könne, wenn alle Vorwürfe offiziell entkräftet würden“, erklärte der ORF dem „Standard“ auf Nachfrage. 

Österreich hatte die Me-Too-Debatte in der Filmwelt erst spät erreicht – im Sommer berichtete Dominik Kamalzadeh im „Standard“. Gleich mehrere Zeitungen melden darum alte Vorwürfe geben einen weiteren Darsteller aus „Corsage“, der „immer wieder durch sexuelle Belästigungen auffällig geworden“ sei, berichtet der „Kurier“. Die Vorwürfe sollen sich aber nicht auf die Dreharbeiten beziehen, sondern schon länger zurückliegen. Der ungenannte Schauspieler hatte sich juristisch gegen die Vorwürfe gewehrt. Bei der Staatsanwaltschaft Wien sei kein Verfahren anhängig.

Gleichwohl: „Die Gerüchte hielten sich hartnäckig. Mit der Anklage gegen Teichtmeister rückte die zweite Person nun wieder in den Fokus“, schreibt Julia Schafferhofer in der „Kleinen Zeitung“. Bei der Produktionsfirma Film AG fragte sie wegen Teichmeister nochmal nach. Dort habe man „nach Bekanntwerden der Vorwürfe noch einmal Kontakt mit allen Mitarbeitenden am ,Corsage’-Set aufgenommen und untersucht, ob der 43-Jährige Fotos oder Videos mit den am Set anwesenden Kindern aufnehmen hätte können. Er hatte ,elf Drehtage, zehn davon im März 2021 sowie einen Drehtag Ende Juni 2021. Vier von diesen Drehtagen haben sich mit Drehtagen eines damals zehnjährigem Mädchens überschnitten’, so ein Sprecher der Film AG. Dieses Mädchen sei ,durchgehend von einer von uns engagierten Kinderbetreuerin beziehungsweise einem Kindercoach beaufsichtigt worden und in keiner Sekunde unbeobachtet’ gewesen. Und: ,Auf dem Set herrschte ein striktes Handy- und Fotografieverbot.’ […] Es hätte noch weitere Drehtage gegeben, an denen Minderjährige am Set waren. […] Alle zuständigen Kinderbetreuerinnen beziehungsweise Kindercoaches sowie Eltern haben uns auf Nachfrage bestätigt, dass die Kinder nie unbeaufsichtigt waren beziehungsweise es hinter der Kamera kaum bis keinen Kontakt mit Florian Teichtmeister gab.“

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