„Zweckentfremdung vom Kulturmillionen“: Mehr Geld für den GMPF 

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Die BKM stockt die Förderung für Serien auf – eine „Zweckentfremdung vom Kulturmillionen“ nennt das die AG Verleih. Und fragt, wozu das überhaupt gut sein soll? Szenenfoto aus „Berlin Station“, gefördert über den German Picture Motion Fund, kurz GMPF. | Foto © Studio Babelsberg

15 Millionen Euro will die BKM für die Produktion von Serien drauflegen. Für Kinos und Filmverleih fehlt derweil das Geld. 

Eigentlich ist sowas ja eine gute Nachricht: 15 Millionen Euro mehr will die Staatsministerin für Kultur und Medien (BKM) für die Produktion von Serien ausgeben. Das kündigte Claudia Roth vorigen Freitag beim Deutschen Produzententag der Produzentenallianz in Berlin an. Stutzig macht allenfalls die Begründung in der Pressemitteilung der BKM: „Sie machte deutlich, dass es sich um eine letztmalige Erhöhung aufgrund einer besonders hohen Nachfrage in diesem Bereich handelt.“

Es ist nur ein Absatz in der Pressemitteilung, denn die BKM hat beim Produzententag die filmpolitischen Schwerpunkte ihrer Amtszeit skizziert – „und dabei insbesondere auch die Themen Diversität und Nachhaltigkeit in den Fokus gerückt“. Wobei „Nachhaltigkeit“ hier nur ökologisch gemeint ist, und nicht sozial (also sowas wie Biofleisch von Tönnies). Ab 2023 sollen bei den Filmförderungen bundesweite ökologische Mindeststandards gelten. So ist denn wohl auch dieser Satz der BKM als Ankündigung zu verstehen: „Damit sich in deutschen Filmen und Serien vor und hinter der Kamera aber auch die so reiche Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegelt, wollen wir die Filmförderung künftig auch unter dem Blickwinkel der Diversität ausrichten.“ Wobei auch die Diversität nur mit einem eingeschränkten Blickwinkel gesehen wird.

„Eine einzigartige Vielfalt in der Filmbranche“ repräsentieren nämlich auch die 40 Filmverleihunternehmen in der AG Verleih, sagen sie. „Unabhängig“ und „inhaber*innengeführt“, vertreten sie all das, was im Kino als „Arthouse“ läuft und sonst nicht ganz so häufig zu sehen ist. Und die zeigten sich von der Aufstockung der Förderung „sehr überrascht“. Der Verband rechnet vor, dass somit der „hauptsächlich für Serienproduktion konzipierte German Motion Picture Fund (GMPF)“ somit in diesem Jahr ein Fördervolumen von 90 Millionen Euro erreiche. „Dies entspricht beinahe dem Fördervolumen für Filmproduktionen von Filmförderungsanstalt (FFA) und Deutschen-Filmförderfonds (DFFF) zusammen.“

Weshalb die Überraschung auch umgehend einer anderen Regung weicht: „Wir sind äußerst irritiert über diese massive Umgewichtung von Kulturfördermitteln, für die wir im Filmförderungsgesetz keinen politischen Auftrag finden und die in eklatantem Widerspruch zur Berlinale-Antrittsrede der Kulturstaatsministerin Claudia Roth steht. Das Kino, insbesondere die deutsche, europäische und internationale Filmkultur, befindet sich seit Corona unverschuldet in einer schweren, andauernden Krise. Immer noch ausbleibende Besucher, wegbrechende Finanzierungspartner und der kreative Abfluss weg vom Kino hin zu Streamerproduktionen setzen Produzent*innen, Verleiher*innen und Kinos massiv unter Druck.“

Das habe man „in intensiven Gesprächen mit den verantwortlichen Stellen der BKM“ bereits zum Jahreswechsel gemeinsam analysiert, „ein Ad-Hoc-Förderprogramm erschien allen Seiten notwendig und befand sich im Prozess der Ausgestaltung. Dann allerdings brach die Kommunikation komplett ab, bis uns jetzt die Nachricht erreichte, dass für dieses Programm keine Mittel zur Verfügung stünden.“ 

Stattdessen würden nun zusätzliche 15 Milionen Euro in die Serienproduktion gepumpt – „in einen durch die Pandemie geradezu gestärkten und bestens funktionierenden Markt, in dem weltweit Milliarden Euro privates Kapital zur Verfügung stehen. Einen Markt, der für einen eklatanten Fachkräftemangel in der Produktion sorgt und kreative Talente aus dem Kino abzieht, nicht zuletzt aufgrund sehr hoher Gagen und besserer Verdienstmöglichkeiten als in der inzwischen chronisch unterfinanzierten Kinoproduktion.“

Das sei eine eklatante Marktverzerrung, „da zu allem Überfluss Serien mit Steuergeld gefördert werden, die auf Plattformen ausgewertet werden, die bekanntermaßen in Deutschland keine Steuern zahlen.“ Das führt die AG Verleih zu einer grundsätzliche Frage: Welche Steuerungsfunktion soll diese Förderung durch die BKM haben? 

Vermutlich keine, nimmt man die oben zitierte Begründung der BKM als Antwort. Für die AG Verleih ist es jedenfalls „das denkbar schlechteste Signal für die Kino- und Filmkultur. Jetzt wären die Chance und die Notwendigkeit gewesen, in den mehr als zwei Jahren Pandemie zu agieren statt nur zu reagieren und das Kino und seine Partner proaktiv auf weitere Monate der Corona-Nachwirkungen vorzubereiten. Diese Chance wurde durch die Aufstockung des GMPF vertan. Den leidenschaftlichen Reden für die Filmkultur müssen Taten folgen, sonst bleiben sie bloße Sonntagsreden.“ 

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