Förderpreis Schnitt: Ilya Gavrilenkov

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„Vibration – Inner Music“ zeigt die Tänzerin und Schauspielerin Kassandra Wedel, die Geräusche und Bewegungen auf ihre Art aufnimmt. Wedel ist gehörlos. Ilya Gavrilenkov versuchte, ihre Wahrnehmung in der Montage wiederzugeben. | Foto ©  Edimotion/Juliane Guder

Beim Edimotion wurden vorige Woche in Köln die besten Montage-Arbeiten des Jahres ausgezeichnet. Die „Schnittpreise“ werden in drei Kategorien ausgelobt. Wir sprachen mit den Preisträger*innen und beginnen die diesjährige Interview-Reihe wieder mit dem Kurzfilm: Ilya Gavrilenkov gewann für „Vibrations – Inner Music“ den „Förderpreis Schnitt“. 

Bei „Vibration – Inner Music“ warst Du auch als Regieassistent tätig. War das ein Vorteil für die spätere Arbeit im Schnitt?
Ich mag die Arbeit am Set genauso wie die im Schneideraum, deshalb habe ich bei diesem Projekt auch die Positionen von DIT (Materialassistent) und 1st AD übernommen. Ich konnte dadurch nach jedem Drehtag die Muster sichten und mir schon einen ersten Eindruck vom Material verschaffen, was uns, glaube ich, irgendwann sehr geholfen hat. Wir haben vor dem Dreh mit der Regisseurin des Films Cadenza Zhao die Struktur und die Richtung besprochen, die wir einschlagen möchten.
Ich hatte also schon zu diesem Zeitpunkt eine ziemlich klare Vorstellung davon, was wir brauchen könnten. Und als wir anfingen, den Performance-Teil zu drehen, wurde mir klar, dass wir zum Beispiel mehr Details von Instrumenten oder emotionalere Nahaufnahmen von Musikern brauchen würden, um den Temporhythmus und die Spannung aufzubauen. 

Die Protagonistin des Films ist eine gehörlose Tänzerin, die schwerpunktmäßig als Künstlerin, nicht so sehr als behinderte Person porträtiert wird – war das bereits Teil des filmischen Konzepts und wie hast Du diese Haltung durch Deine Montage gestützt?
Sowohl für uns als auch für die Protagonistin Kassandra war es sehr wichtig, dass sie nicht als tanzende Behinderte, sondern in erster Linie als Künstlerin porträtiert wird. Ihre Kreativität, Vision und Wahrnehmung der Welt, der Prozess der Transformation ihrer Wahrnehmungen in Bewegung – das war unser Hauptaugenmerk und Interesse. Wir wollten das Publikum in ihre Welt eintauchen lassen und es durch ihre Augen zeigen. Und deshalb haben wir versucht, in der Montage die Ausdruckskraft des Tanzes zu zeigen und gleichzeitig ihren inneren Prozess zu visualisieren, Alltagsbeobachtungen als Inspiration ihrer Performance zu nutzen. Außerdem war für die Regisseurin Cadenza von Anfang an klar, dass Untertitel Teil des Konzepts sein würden, was auch eine Haltung sichtbar macht.

Kommunikation ist ein wesentliches Thema des Films, nicht zuletzt zwischen der Protagonistin und den hörenden Musikern. Wie hat Kommunikation auch Deine Montagearbeit geprägt, welche Übersetzungselemente gab es, und wie habt Ihr Euch Feedback aus der Gehörlosen-Community geholt?
Der Dialog zwischen ihr und den Musikern ist wirklich eines der wichtigsten Themen des Films. Zu zeigen, wie sie ihre eigene Sprache entwickeln und ein Verständnis füreinander aufbauen, war eines unserer Ziele. Und das war einer der Gründe für diese dramaturgische Struktur und auch dafür, dass einige Szenen des Probenprozesses mit ihren Diskussionen unterbrochen wurden. Wir wollten den Fortschritt und die Entwicklung ihrer künstlerischen Kommunikation aufbauen und wie sie in der endgültigen Aufführung enden. Ich hoffe, es funktioniert und ist für das Publikum sichtbar. Während des Arbeitsprozesses selbst hatten wir eine Übersetzerin am Set, die uns geholfen hat, mit Kassandra zu kommunizieren, obwohl sie sprechen und auch Lippen lesen kann, sodass wir uns an manchen Stellen ganz einfach direkt verständigen konnten. Während des Schneidens baten wir ihren Freund, der auch einer der Protagonisten des Films ist, sich die Rohschnitte anzusehen und uns bei der Dialogszene zwischen ihm und Kassandra zu helfen. Und sobald wir einen Feinschnitt fertig hatten, schickten wir die Version natürlich an Kassandra, um sie nach ihrer Meinung sowie nach der Meinung ihrer Freunde, auch ihrer ebenfalls gehörlosen Freunde, zu fragen.

Gab es für die Performance, deren Übungsprozess gezeigt wird eine geplante Abfolge oder warst hier Du als Editor auch Choreograf?
Einer der interessantesten Aspekte dieses Projekts war für mich, dass die Performance sowohl von ihr als auch von Seite der Musiker vollständig improvisiert war. Es war also ziemlich schwierig, etwas für den Montageprozess zu planen. Niemand wusste, was passieren wird und in welche Richtung es während der Aufführung gehen wird. Also haben alle, einschließlich unseres Teams, versucht, einander sehr genau zu „hören“, um etwas zu schaffen, das Musik, Choreografie und Kinematografie vereint. Es war ein Akt purer Kreativität, das live mitzuerleben. Und das war eines der Dinge, die wir in unserem Film, die ich natürlich auch in der Montage bewahren wollte – ebenso wie den Prozess selbst. Ich würde zwar nicht sagen, dass ich auch Choreograf bin, aber an bestimmten Stellen haben wir natürlich verschiedene Teile oder Phasen der Aufführung gewählt, um tempo-rhythmische Akzente zu setzen oder eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen. Aber gleichzeitig haben wir auch versucht, so nah wie möglich an ihrer live improvisierten Choreographie zu bleiben.

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