Kino in Zeiten von Corona 39 – 2

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„The Midnight Sky“. | Foto © Philippe Antonello/Netflix

„Sobald die Kinos wieder öffnen“ – Streaming-Angebote in den Wochen vom 17. und 24. Dezember 2020 – Teil 2.

Schon immer bot das nicht immer ernst genommene Genre des Science-Fiction-Films Gelegenheit, philosophische Überlegungen in einer Erzählform ganz konkret zu machen. Zwar mag der Film „The Midnight Sky“ des Regisseurs und Hauptdarstellers George Clooney nicht die erzählerische Höhe von Stanislaw Lem erreichen, zeitgemäßes „Kino“ bietet er allemal – wenn auch ohne Leinwanderlebnis als Netflix-Produktion. Auch weil es hier darum geht, den Fortbestand der Menschheit kontaktlos zu sichern: Der brillante Astronom Augustine Lofthouse forscht im Jahr 2049 von seiner Station in der Arktis. Der an Krebs erkrankte Wissenschaftler wird Zeuge einer Klimakatastrophe, während der nahezu die gesamte Menschheit auf der Erde ausgelöscht wird. Er nimmt sich eines Kindes an, das überlebt hat – und entdeckt ein heimkehrendes Raumschiff im Weltall. Dessen fünfköpfige Besatzung hatte die Mission, einen Jupiter-Mond auszukundschaften. Ihre Rückkehr auf die Erde würde den Tod der gesamten Crew bedeuten. Doch um Kontakt mit den Sternenreisenden aufzunehmen und sie zu warnen, muss Augustine nun in das lebensfeindliche Umfeld der Erde aufbrechen … Zu sehen ist diese Reise ab dem 23. Dezember.

Während die Philosophie sich also vielfach im fantastischen Genre spiegelt, hat die Religion ihre Entsprechung nun im Animationsfilm gefunden. In Disneys/Pixars „Soul“ geht es aber weniger konfessionell zu, als dass hier das Leben unserer Seelen vor unserer Geburt illustriert wird. Dass dieses „Davorseits“ jedoch gleichzusetzen ist mit dem „Jenseits“ verdeutlicht der Musikschullehrer Joe Gardner, der bei einem Vorspiel in einem New Yorker Jazz-Club endlich die Chance seines Lebens bekommt, künstlerisch eine Bühne zu haben. Würde ihn ein Fehltritt nicht plötzlich ins Jenseits und also zu den anderen Seelen katapultieren. Dort soll er als „Mentor“ einen besonders renitenten Fall von Seele dazu bringen, doch endlich auf der Erde ihr Glück zu versuchen. Die Rede ist von „22“. Der Animationsfilm von Pete Docter („Alles steht Kopf“, „Oben“) und Kemp Powers („One Night in Miami“) handelt als Stream bei Disney Plus die wichtigsten Sinnfragen humoristisch und häretisch ab.

Kommen wir zurück auf den Boden der Tatsachen, also den Fußballplatz. Wo der Ball rund ist und das Spiel 90 Minuten zählt. Der Dokumentarfilm „Mein Name ist Francesco Totti“ von Axel Infascelli erzählt aus der Ich-Perspektive des erfolgreichen Sportlers, der ausschließlich für AS Rom im Einsatz war und so zum römischen Helden avancierte – auch, weil er ein „Romano di Roma“, also ein gebürtiger Römer ist. 2007 gewann er den „Goldenen Schuh“ als bester Torschütze Europas. Im selben Jahr gab er seinen Rücktritt bekannt. Im Film zeichnet er auf der Grundlage der Autobiografie seine Karriere nach, die mit Privataufnahmen illustriert wird. Zu sehen ist diese Fußballgeschichte ab dem 26. Dezember auf Sky One.

Basierend auf einer wahren Geschichte ist auch der Film „Ma Rainey’s Black Bottom“ von George C. Wolfe („Lackawanna Blues“), der hier die Arbeit der afro-amerikanischen Musiker in den 1920er Jahren thematisiert und ab dem 18. Dezember auf Netflix abzurufen ist. Basierend auf dem Theaterstück des Dramatikers August Wilson, der zu den bedeutendsten afroamerikanischen Autoren zählt, handelt der Film von den Platteneinspielungen der Musiker rund um die Sängerin Ma Rainey (Viola Davis). Der weiße Studio-Boss sowie der weiße Manager drängen zu den Aufnahmen. Es kommt zu Konflikten mit den Musikern, darunter mit dem jungen Levee (Chadwick Boseman). Doch auch untereinander kommen sich die aufstrebenden Künstler in die Haare. Einzig die Diva, Ma Rainey selbst, kann sich der Situation entziehen. Lässt sie die Musiker und die weißen Bosse erstmal ganz gehörig auf sie warten.

Zeitgemäße Verhältnisse zeichnet wiederum der Dokumentarfilmer Alexander Nanau in „Kollektiv – Korruption tötet“. So dokumentiert er die Arbeit der Journalisten der „Gazeta Sporturilor“ die unerträglichen Lügen nach einem Brand in einem Bukarester Nachtclub – und wurde nun dafür mit den „Europäischen Filmpreis“ gewürdigt: 2015 brach im Club „Colectiv“ ein Feuer aus, bei dem 27 Menschen starben. 180 wurden verletzt. Viele Verletzte wurden in den umliegenden Krankenhäusern behandelt. Doch obwohl sie gar keine lebensbedrohlichen Verletzungen hatten, sterben 37 Menschen an Infektionen. Es stellt sich heraus, dass die Desinfektionsmittel in den Kliniken wirkungslos waren. Die Vertuschungsversuche bringen schließlich die gesamte rumänische Regierung zu Fall. Zu sehen ist der Dokumentarfilm in der ARD-Mediathek.

Eine weitere sehenswerte Dokumentation ist schließlich „Lampenfieber“ von Alice Agneskirchner, die auf der Berlinale 2019 ihre Uraufführung feierte und am 27. Dezember um 12.10 Uhr von der ARD ausgestrahlt wird. Die Filmemacherin begleitete 5 der 280 Kinder starken Ensemblegruppe des Berliner „Friedrichstadtpalastes“. Und zeigt einerseits das harte Showgeschäft vom Casting über die Proben bis hin zur Aufführung, wagt aber auch den einfühlsamen Blick in das Familienleben der Kinder.

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