Kino in Zeiten von Corona 38 – 2

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„Prom“. | Foto © Netflix/Melinda Sue Gordon

Scheibenveröffentlichungen, Mediatheken und Streams statt Kino … in der Woche vom 10. Dezember 2020 – Teil 2.

Der Filmemacher John Hughes hatte es schon gewusst: Es gibt eigentlich schon immer eine vorgezeichnete Zeit für Kummer und Sorgen in einem Menschenleben – das Teenageralter. Wer bin ich? Wo will ich hin? Und was ziehe ich zur Prom an, dem Abschlussball der High School? Letztere Frage gehört zumindest in den USA zum gewöhnlichen Repertoire von Teenagersorgen. Neben der möglichen sozialen Ausgrenzung, weil ja irgendwas immer ist. Diese Gefühlswelten hatte Hughes in den 1980er Jahren mit „Pretty in Pink“ oder „Ferris macht blau“ und einer ganzen Reihe von Filmen aufgegriffen und geprägt. In einer Zeit, in der das Insta-Sein die Lebenswelt für Teenager vorgibt, wirken die Erzählungen fast eingestaubt und bieder. Wer heute bei seinen Peers Eindruck auf der Prom machen will, muss schon den Broadway aufbieten. Was natürlich Stoff für eine glitzernde Filmrealität bietet, wie sie nun ab dem 11. Dezember bei Netflix zu sehen ist: „Prom“ heißt das bunte Filmwerk von Ryan Murphy, der hier eine Melange an Vorbildern  zitiert – von „Chicago“ bis hin zu „High School Musical“. Und gleich den liberalen Kulturgeist gegen den Konservatismus antreten lässt. Im Film „Prom“ geht es also um die Schülerin Emma (Jo Ellen Pellman), die gerne mit ihrer Partnerin Alyssa (Ariana DeBose) zum Abschlussball gehen möchte. Die Vorsitzende der Elternschulsprecher (Kerry Washington) verbietet die Teilnahme. Unversehens bekommt Emma Unterstützung. Die New Yorker Broadway-Stars Dee Dee (Meryl Streep) und Barry (James Corden) wollen der Schülerin helfen – und auch sich selbst. Denn ihre neue Show ist ein großer Flop.

Um die richtige Rolle im Leben geht es auch im Film „I’m Your Woman“ von Regisseurin Rachel Brosnahan, zu sehen ab dem 11. Dezember auf Amazon Prime. Jean (Rachel Brosnahan) und Eddie verlieben sich, sie kaufen sich ein Haus. Nur ein Kind haben sie nicht. Bis Eddie eines Tages mit einem Kind zurückkommt. „Das ist jetzt deines“, sagt er. Und verschwindet. Kurz darauf muss auch Jean fliehen. Sie weiß nur, dass Eddie ihren Lebensunterhalt nie legal verdient hat. Mehr nicht. Irgendwann beschließt die ahnungslose Hausfrau, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ins Setting der 1970er-Jahre gelegt, zeigt der Gangsterfilm, dass die weibliche Lebenswelt durchaus Stoff für das Genre bieten kann.

Ein etwas anderer Akt des Freiheitskampfes ist das Vorhaben des italienischen Ingenieurs Giorgio, der in „Die unglaubliche Geschichte der Roseninsel“ von Sydney Sibilia als Netflix-Stream ab dem 9. Dezember thematisiert wird. Der Ingenieur hat im wahren Leben die italienischen Behörden auf die Barrikaden gebracht, weil ihm ein verrückter Plan geglückt ist: Giorgio (Elio Germano) hat auf Stahlrohren vor den italienischen Gewässern seine eigene Insel errichtet und die Republik Roseninsel gegründet – deren Präsident er wurde. Eine typische Schelmengeschichte also, die sich auch heute noch gut macht.

Sich ganz dem Thema Sterbehilfe zu verschreiben scheint wiederum der Film „Suicide Tourist – Es gibt kein Entkommen“. Regisseur Jonas Alexander Arnby („When Animals Dream“) erzählt vom Versicherungsangestellten Max (Nikolaj Coster-Waldau), den die Diagnose eines letalen Gehirntumors aus der Bahn wirft. Sämtliche Selbstmordversuche, um das nahende Ende vorwegzunehmen, scheitern. Da nimmt eine Kundin (Sonja Richter) mit ihm Kontakt auf: Es geht um ihren verstorbenen Mann Arthur, dessen Tod sich nicht aufgeklärt hat und infolge dessen eine Versicherung nicht ausbezahlt werden kann. Und Max erfährt von dem Ort „Aurora“. Das bietet geplante Suizide an. Kurzerhand beschließt Max, in „Aurora“ einzuchecken … Dass wir nicht wissen, was uns am Ende erwartet, ist denn wohl auch die Schlussfolgerung der mit einem Plot-Twist versehenen Erzählung, die ins Surreale abdriftet.

Bestes Disney-Pathos bietet dagegen der Film „Bruderherz“, der von der wahren Geschichte des Football-Spielers Ray McElrathbey inspiriert ist. Der Student der Clemson-University muss sich im Studium und auf dem Spielfeld beweisen, was an sich schon eine echte Herausforderung ist für jemanden, der aus einfachen Verhältnissen stammt. Doch als Ray (Jay Reeves) und sein kleiner Bruder Waisen werden, nimmt Ray eine ganz andere Verantwortung wahr – nämlich für seinen kleinen Bruder. Möglich ist das nur, weil ihn die Clemson-Gemeinschaft unterstützend unter die Arme greift. Der Regisseur Reginald Hudlin („Marshall“) erzählt von Familienzusammenhalt und Gemeinschaft.

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