„Ist das Leben nicht schön?“ (USA 1946). | FOTO © RKO

Futter für den Winterschlaf: Meine ungeschriebenen Pandemie-Gedanken und endlich mal das Positive: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 100.

„Wenn nicht ich für mich bin, wer ist dann für mich?
Wenn ich nur für mich bin, was bin ich dann?
Wenn nicht jetzt – wann sonst?“
Talmud

„Gibt es vielleicht außer dem angeborenen Wunsch nach Freiheit auch eine instinktive Sehnsucht nach Unterwerfung?“
Erich Fromm, Die Furcht vor der Freiheit 

„Im Zweifel für den Zweifel/ Das Zaudern und den Zorn/ Im Zweifel fürs Zerreißen/ Der eigenen Uniform
Im Zweifel für den Zweifel/ Und für die Pubertät/ Im Zweifel gegen Zweisamkeit/ Und Normativität/
Im Zweifel für den Zweifel/ Und gegen allen Zwang/ Im Zweifel für den Teufel/ Und den zügellosen Drang/
Im Zweifel für die Bitterkeit/ Und meine heißen Tränen/ Bleiern wird mir meine Zeit/ Und doch muss ich erwähnen/
Im Zweifel für Ziellosigkeit/ Ihr Menschen, hört mich rufen/ Im Zweifel für Zerwürfnisse/ Und für die Zwischenstufen.“
Tocotronic/Dirk von Lowtzow 

 

„Die Freiheit die ich meine/ kommt nicht von alleine“ – der alte Spontispruch soll am Anfang der hundertsten Ausgabe unserer „Gedanken in der Pandemie“ stehen, die auch ein Ende sind. Denn mit der heutigen Ausgabe gehen wir in den Winterschlaf. 

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Das passiert, wenn man den Louvre zu lange geschlossen lässt! | Grafik © Patrick Ruth

Das  wär doch was als Erkenntnis aus dem Corona-Jahr: Die Kultur soll ins Grundgesetz, fordert eine Petition mit prominenter Unterstützung. Mit einigen guten Meldungen verabschieden wir uns in die Winterpause.

Doch hier erstmal der Link zum Facebook-Post unseres Titelbilds.

Und zum zweiten etwas in eigener Sache: Dies ist die letzte Brancheninfo in diesem Jahr. Wir nutzen die Winterpause, unseren Newsletter fürs kommende Jahr herauszuputzen. Im Januar stellen wir uns in neuem Gewand und mit neuem Konzept vor, um Ihnen regelmäßig einen Überblick zu bieten, was die Branche bewegt. Auch über Corona hinaus. Weshalb das Virus zumindest aus dem Titel verschwinden wird, so viel können wir schon versprechen – und „cinearte“ klingt ja auch viel besser. Wir wünschen Ihnen schöne Feiertage und einen guten Start in ein besseres Jahr!

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„Das Neue Evangelium“. | Foto © Fruitmarket/Langfilm/IIPM/Armin Smailovic

„Sobald die Kinos wieder öffnen“ – Streaming-Angebote in den Wochen vom 17. und 24. Dezember 2020 – Teil 1.

Ein einschneidendes Jahr geht zu Ende. In genau einer Woche ist Weihnachten. Ich bin sicherlich nicht die Einzige, für die sich das nicht so anfühlt. Die Zeit ist für mich gefühlt stehengeblieben. Irgendwann am Anfang des Jahres. In zwei Wochen ist Silvester. Ein Einschnitt, der etwas Neues verspricht und sich doch so anfühlt, als würde ein Sog einen zurückziehen. Es ist die Zeit, Listen zu schreiben. Erstaunlich viele Kulturliebhandene pflegen Listen. Die besten Filme, die interessantesten Ausstellungen, ein Zählen, ob man in diesem Jahr mehr Bücher gelesen hat als im Jahr davor … Das Gleiche gilt für Filme. Nein, ich habe viel viel weniger Filme dieses Jahr gesehen als in den Jahren zuvor. Weil ich kaum im Kino war. Weil das alleine zu Hause auf dem kleinen Bildschirm gucken wirklich nicht vergleichbar ist. Und meine Top-Listen füllten sich nur sporadisch.

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„The Midnight Sky“. | Foto © Philippe Antonello/Netflix

„Sobald die Kinos wieder öffnen“ – Streaming-Angebote in den Wochen vom 17. und 24. Dezember 2020 – Teil 2.

Schon immer bot das nicht immer ernst genommene Genre des Science-Fiction-Films Gelegenheit, philosophische Überlegungen in einer Erzählform ganz konkret zu machen. Zwar mag der Film „The Midnight Sky“ des Regisseurs und Hauptdarstellers George Clooney nicht die erzählerische Höhe von Stanislaw Lem erreichen, zeitgemäßes „Kino“ bietet er allemal – wenn auch ohne Leinwanderlebnis als Netflix-Produktion. Auch weil es hier darum geht, den Fortbestand der Menschheit kontaktlos zu sichern: Der brillante Astronom Augustine Lofthouse forscht im Jahr 2049 von seiner Station in der Arktis. Der an Krebs erkrankte Wissenschaftler wird Zeuge einer Klimakatastrophe, während der nahezu die gesamte Menschheit auf der Erde ausgelöscht wird. Er nimmt sich eines Kindes an, das überlebt hat – und entdeckt ein heimkehrendes Raumschiff im Weltall. Dessen fünfköpfige Besatzung hatte die Mission, einen Jupiter-Mond auszukundschaften. Ihre Rückkehr auf die Erde würde den Tod der gesamten Crew bedeuten. Doch um Kontakt mit den Sternenreisenden aufzunehmen und sie zu warnen, muss Augustine nun in das lebensfeindliche Umfeld der Erde aufbrechen … Zu sehen ist diese Reise ab dem 23. Dezember.

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Wenn Drosten recht hat, sollte man sich nicht zu viele Hoffnungen fürs Neue Jahr machen.

Ich bin nicht tot, ich rieche nur komisch: Leben im Lockdown: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 99.

„Berauben wir den Tod seiner Unheimlichkeit, pflegen wir Umgang mit ihm, gewöhnen wir uns an ihn, bedenken wir nichts so oft wie ihn!
Philosophieren heißt sterben lernen.“ 
Montaigne 

„Das Schöne an der Intensivstation ist das Spannungsfeld zwischen Leben, Sterben und Tod.“
Hubert Messner

Wir müssen sterben lernen. Gerade wenn der Tod der Feind ist, den wir bekämpfen und nie akzeptieren wollen, müssen wir den Umgang mit ihm üben. Wir müssen ihn kennen wie jeden Gegner. 

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Einen Fehler möchte ich gern aber gleich zu Beginn korrigieren: Regen liegt am Rand des Bayrischen Waldes, nicht nahe dem Allgäu. An den hohen Infektionszahlen ändert das freilich nichts, auch wenn Regen inzwischen im Corona-Ticker des BR nicht mehr deutschlandweiter Spitzenreiter ist. Zwar ist der Inzidenzwert auch dort weiter gestiegen: Aber 617,5 reicht nur für Platz 2. Auf dem ersten Rang liegt jetzt der Landkreis Bautzen in Sachsen mit 631,2. Auf dem dritten Platz der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit 600,2. 

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So heftig ist der Corona-Filmriss: Die „Wirtschaftswoche“ zeigt’s mit einer einfachen Infografik. | Screenshot

In Deutschland kämpfen mehr als tausend deutsche Filmtheaterunternehmen um ihre Zukunft. Der zweite Lockdown bedroht die deutschen Kinos in ihrer Existenz. Wie schlimm es steht, zeigt die „Wirtschaftswoche“ mit einer simplen Infografik.

 

Filmemachen ist Teamarbeit. Trotzdem erhalten zumeist die Regisseur*innen die Lorbeeren, obwohl es ohne Drehbuch gar keinen Film gäbe. Spricht man mit Autor*innen, hört man fast immer Klagen, allerdings stets mit der Bitte verbunden, sie nicht namentlich zu zitieren, damit sie nicht auf einer Schwarzen Liste landen, berichtet „Menschen machen Medien“. Dieses Schicksal werde jetzt wohl auch Christoph Fromm blühen  – der Drehbuchautor rechnet in seinem satirischen Roman „Das Albtraumschiff“ mit der TV-Branche ab: Seine Hauptfigur ist ein einst gefeierter Autor, dessen Hauptarbeit nun darin besteht, seine Werke gegen ahnungslose Redakteure und überschätzte Schauspieler zu verteidigen. Das sei zwar teilweise auch ins Groteske verzerrt, erklärt Fromm im Vorwort, aber hinter der satirischen Überspitzung schimmere eine Wahrheit durch, die viele seiner Kollegen unterschreiben würden.
Die meisten Ereignisse, ergänzt der Artikel, stammten aus den Jahren 2015 bis 2017. „Seither hat sich in der Branche jedoch Einiges getan. Viele Autoren haben sich zu ,Kontrakt ’18’ zusammengeschlossen; die Initiative fordert unter anderem einen größeren Einfluss der Verfasser auf den fertigen Film.“ An dieser Situation habe sich nichts geändert, sagt Fromm: „Die allermeisten Unterzeichner der Petition können Forderungen wie die Kontrolle über das eigene Drehbuch oder ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Regisseurs in der Praxis niemals durchsetzen“ und „kritische, innovative Geister werden noch rigoroser aussortiert.“  Die „Quotengeilheit aller Sender“ habe ohnehin zur Folge gehabt, dass es „keinerlei Qualitätsunterschiede“ mehr zwischen den Angeboten von ARD, ZDF und den Privatsendern gebe. Sein Buch wirft den Sendern vor, jahrelang einen „Kult der Dummheit“ gepflegt zu haben, der letztlich dafür verantwortlich sei, dass „die Demokratie den Bach runtergeht“.

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Gerührt, nicht geschüttelt: Mit seinen Romanen prägte John Le Carré den Spionagefilm wie kein anderer. Statt Martinis im Smoking beschrieb er moralische Grautöne wie in „Verräter wie wir“. Am Samstag ist er im Alter von 89 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung verstorben. | Foto © Studiocanal

Verräter wie wir: Die nur dröge Verwaltung der Katastrophe: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 98.

„Die moderne Menschheit hat zwei Arten von Moral: eine, die sie predigt, aber nicht anwendet – und eine andere, die sie anwendet, aber nicht predigt.“
Bertrand Russel

 

John Le Carré ist gestorben. Desillusionierung und moralische Grautöne konnte man von ihm lernen. Neben vielen guten Büchern bleiben tolle Verfilmungen und wunderbare Interviews. 

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Sie ist die unbekannteste Schriftstellerin Brasiliens, aber eine der besten des 20. Jahrhunderts: Clarice Lispector. Allein dieser Name macht Lust, die Romane und Geschichten zu lesen, die gerade wieder in Neuübersetzungen erschienen sind. Bis zum Freitag kann man im Deutschlandfunk die „Lange Nacht“ über Lispector hören, die auch viel über Brasiliens Geschichte erzählt. 

Überhaupt Brasilien! „Gute Manieren“ heißt einer der interessantesten basilianischen Filme der letzten Jahre, der gerade in der Arte-Mediathek zu sehen ist. 

Tropische Gedanken können im Lockdown nur helfen. 

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2020 war „ein beschissenes Jahr“ für Europas Filmschaffende. An den Filmen lag’s nicht. Am Wochenende wurden in einer virtuellen Mini-Gala die „Europäischen Filmpreise“ verliehen. | Screenshot

Es kann ja immer noch schlimmer gekommen. Der verlängerte Lockdown wird weiter verlängert und noch strenger. Und in all der Sorge ums Weihnachtsfest ging die jährliche Glanzstunde des Europäischen Films etwas unter. Obwohl das ja auch vor Corona nicht so viel anders war. Wir gratulieren den Nominierten und Preisträger*innen umso mehr. 

Beim „Europäischen Filmpreis“ sahnte am Wochenende vor allem einer ab: Die Tragikomödie „Der Rausch“ erzählt von vier Männern, die sich konstant betrinken, um die Möglichkeiten des Alkohols auszutesten. Thomas Vinterberg aus Dänemark wurde für die beste Regie, den besten Film und das beste Drehbuch (zusammen mit Tobias Lindholm), Mads Mikkelsen für die beste schauspielerische Leistung ausgezeichnet.
Die deutsche Schauspielerin Paula Beer wurde für ihre Rolle im Nixendrama „Undine“ als beste Darstellerin gekürt. Für Dascha Dauenhauers Musik zu „Berlin Alexanderplatz“ ging ein weiterer Preis an einen deutschen Film (die Preisträger*innen in den Einzelgewerken hat die Europäische Filmakademie hier versteckt).
Die diesjährige Gala war in Island geplant, wurde wegen der Pandemie aber abgesagt. Stattdessen wurden die Auszeichnungen an mehreren Abenden hintereinander online vergeben. „Moderator Steven Gätjen stellte gleich zu Beginn der Preisverleihung in Berlin unverblümt fest, dass 2020 ein ,shitty year’, ein ,beschissenes Jahr’ für alle gewesen sei. Und er musste keinem erklären, was er damit meinte“, berichtet die Deutsche Welle.
„Dieses Jahr hatte nur ein Thema. Seine Filme, die in den paar Monaten vor dem ersten und bis zum zweiten Lockdown europaweit liefen, hatten dagegen viele. So war eine traurige Diskrepanz zu fühlen bei der klitzekleinen Gala der 33. European Film Awards, welche die Woche über online verliehen und am Samstag mit den Hauptpreisen abgeschlossen wurden“, bedauert die „Taz“.
„Wie seltsam dieses Jahr zu Ende geht, zeigt sich schon daran, dass mit ,Der Rausch’ vom dänischen Dogma-Mitbegründer Thomas Vinterberg, der im Mai das Cannes-Siegel erhielt, ein Film zum Sieger des Abends wird, der in Deutschland dank geschlossener Kinos bislang noch gar nicht zu sehen war. Es ist ein Déjà-vu aus dem Frühjahrs-Lockdown, als mit Christian Petzolds ,Undine’ und ,Berlin Alexanderplatz’ von Burhan Qurbani zwei Filme aus dem engeren Favoritenkreis für den ,Deutschen Filmpreis’ gerade noch so ihre Berlinale-Premiere erlebt hatten“, meint „Der Tagesspiegel“.
Eine Neuerung lobten mehrere – wohl auch wegen des Themas, mit dem der schottische Regisseur Mark Cousins in der neuen Kategorie „Innovatives Storytelling“ ausgezeichnet wurde. Seine 14-stündige Dokumentation „Women Make Film“ beleuchtet die Geschichte von Frauen im Filmgeschäft. Der Dokumentarfilm werde viel zum Ausgleich des Ungleichgewichts zwischen den Geschlechtern in der Filmindustrie beitragen, sagte EFA-Präsident Wim Wenders bei der Preisverleihung.

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Mollig haut Chilly Gonzales in die Tasten: Weihnachtslieder sollen ja die eigene Stimmung wiedergeben, findet der Pianist. | Screenshot

Unser Nachrichtenüberblick zum Wochenende.

Weihnachten wird dieses Jahr irgendwie nicht dasselbe sein. Findet auch Chilly Gonzales: „Wenn du traurig bist, suchst du auch ein bisschen Mitleid. Du willst spüren, dass du nicht allein bist in deiner Traurigkeit,“ erklärt der Pianist und zeigt, wie einfach die passende Stimmung zu haben ist: Zum Beispiel „Jingle Bells“ in Moll statt Dur. Was er außerdem mit Weihnachtshits von Wham, Mariah Carey and Black Sabbath anstellen kann, zeigt er in kleinen Videos.

 

Schleswig-Holstein unterstützt seine Kinos kurzfristig mit insgesamt bis zu zwei Millionen Euro, um Liquiditätsengpässe abzumildern, meldet „Blickpunkt Film“. Die Maßnahme stehe allen Kinos unabhängig von Lage oder Größe offen. Die Hilfe hatte das Land bereits Ende September angekündigt, ursprünglich sie als Beitrag zum sogenannten „Zukunftsprogramm III“ gedacht. Weil daran aber immer noch gearbeitet werde,  stellt Schleswig-Holstein seine Unterstützung nun nun als separate Maßnahme zur Verfügung.

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Jetzt auf Netflix: „Mank“ von David Fincher erzählt seine Version der Vorgeschichte von „Citizen Kane“. Sie ist nicht schmeichelhaft für Orson Welles. | Foto © Netflix

Ja, ist denn heut’ schon Weihnachten? Der Verdacht ist unter Verdacht und die chinesische Lösung rückt näher. Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 97.

„In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod.“
Alexander Kluge

„Man kann sich auch darauf verständigen, dass man gewisse Risiken bewusst eingeht. Dieser Aspekt kommt mir gerade zu kurz.“
Svenja Flaßpöhler, Philosophin

„Nehmen Sie denn nichts ernst?“ – „Nur Lustiges“
aus: „Mank“ von David Fincher

 

Corona, Corona, Corona, Lockdown, Lockdown, Lockdown, härter, härter, härter – das Mantra des öffentlichen Diskurses wird zunehmend stupider. Vielleicht ist ja das bereits eine Folge des Lockdown. 

Und gar nicht so wenige Leute zeigen jetzt gerade ihre unsympatischen Seiten – andere würden vielleicht auch sagen, ihr wahres Gesicht. Oder der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat unter seiner Mund-Nasen-Maske zuletzt einfach nicht genug Luft bekommen, dass er sich zu Äußerungen hinreißen lässt, wie der, dass nun „ganz andere, ganz klare, autoritäre Maßnahmen des Staates“ nötig seien.

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„Glue“. | Foto © Salzgeber

Scheibenveröffentlichungen, Mediatheken und Streams statt Kino … in der Woche vom 10. Dezember 2020 – Teil 1.

Die ersten Jahresüberblicke erscheinen. Dieses 2020 war ein Jahr der Streams statt Kino. Nur ein Major hielt am Kino unerschütterlich fest: Warner Bros. wollte Christopher Nolans „Tenet“ auf die Leinwände bringen. Unbedingt. Und jetzt das, und man muss jetzt gar glauben, dass es Nolan geschuldet ist, dass „Tenet“ auf die Leinwand durfte. Ausgerechnet Warner Bros. Für diese Kolumne, die Donnerstags am traditionellen Kinotag erscheint, kam die Meldung zu spät: Vorige Woche hat es eine Erschütterung in der Film- und Kinolandschaft gegeben, die sich noch nicht gelegt hat: Warner Bros. gab am 3. Dezember bekannt, man wolle alle Filme, die sie 2021 auf ihrer Startliste haben, „konsumenten“-gerecht nicht nur in die Kinos bringen, sondern gleichzeitig und (einen Monat lang) exklusiv auf der eigenen Streaming-Plattform HBO Max anbieten. Dazu passt, dass HBO Max demnächst auch nach Europa expandieren soll. Und ja, das heißt, dass „Wonder Woman 1984“ nicht zu Weihnachten und nicht sofort bei uns zu sehen sein wird.

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„Prom“. | Foto © Netflix/Melinda Sue Gordon

Scheibenveröffentlichungen, Mediatheken und Streams statt Kino … in der Woche vom 10. Dezember 2020 – Teil 2.

Der Filmemacher John Hughes hatte es schon gewusst: Es gibt eigentlich schon immer eine vorgezeichnete Zeit für Kummer und Sorgen in einem Menschenleben – das Teenageralter. Wer bin ich? Wo will ich hin? Und was ziehe ich zur Prom an, dem Abschlussball der High School? Letztere Frage gehört zumindest in den USA zum gewöhnlichen Repertoire von Teenagersorgen. Neben der möglichen sozialen Ausgrenzung, weil ja irgendwas immer ist. Diese Gefühlswelten hatte Hughes in den 1980er Jahren mit „Pretty in Pink“ oder „Ferris macht blau“ und einer ganzen Reihe von Filmen aufgegriffen und geprägt. In einer Zeit, in der das Insta-Sein die Lebenswelt für Teenager vorgibt, wirken die Erzählungen fast eingestaubt und bieder. Wer heute bei seinen Peers Eindruck auf der Prom machen will, muss schon den Broadway aufbieten. Was natürlich Stoff für eine glitzernde Filmrealität bietet, wie sie nun ab dem 11. Dezember bei Netflix zu sehen ist: „Prom“ heißt das bunte Filmwerk von Ryan Murphy, der hier eine Melange an Vorbildern  zitiert – von „Chicago“ bis hin zu „High School Musical“. Und gleich den liberalen Kulturgeist gegen den Konservatismus antreten lässt. Im Film „Prom“ geht es also um die Schülerin Emma (Jo Ellen Pellman), die gerne mit ihrer Partnerin Alyssa (Ariana DeBose) zum Abschlussball gehen möchte. Die Vorsitzende der Elternschulsprecher (Kerry Washington) verbietet die Teilnahme. Unversehens bekommt Emma Unterstützung. Die New Yorker Broadway-Stars Dee Dee (Meryl Streep) und Barry (James Corden) wollen der Schülerin helfen – und auch sich selbst. Denn ihre neue Show ist ein großer Flop.

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Wie das Virus sich in Innenräumen verbreitet, zeigt eine Animation der spanischen Tageszeitung „El País“. | Screenshot

Morgen Kinder wird’s was geben: Mindeststandards der Kommunikation, aber die Pandemie kennt kein Weihnachten: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 96.

„Ich glaube an die Kraft der Aufklärung. Dass Europa heute da steht, wo es steht, hat es der Aufklärung zu verdanken und dem Glauben daran, dass es wissenschaftliche Ergebnisse gibt, die real sind und an die man sich besser halten soll.“
Angela Merkel im Bundestag, 9. Dezember 2020

„Es geht hier nicht um Weihnachten, es geht um langfristig niedrige Fallzahlen. Die Pandemie kennt kein Weihnachten.“
Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe 

 

Tolle Animationen zu Varianten der Virusverbreitung bei den Kollegen der spanischen „El País“. In der englischen Ausgabe können alle auch den Text dazu lesen. Der, der die Animation macht, heißt übrigens Luís Almodóvar. Ob er mit dem Regisseur verwandt ist?

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Ja, wen haben wir denn da? Michael „Bully“ Herbig gab zu Corona den Nikolaus. Mit klarer Ansage und vielen „Beeps“. | Screenshot

Kurz vor Corona hatten Sender, Produktionsfirmen, Filmförderungen und Verbände ihre „Nachhaltigkeitsinitiative“ gestartet, jetzt ist die Website dazu online. Wirklich nachhaltig ist die Initiative allerdings nicht. 

Am 6. Dezember machte Michael „Bully“ Herbig auf Instagram den Nikolaus – und las Corona-Leugnern die Leviten: „Du warst ja überhaupt nicht brav im letzten Jahr; hast keine Maske getragen; hast keinen Abstand gehalten; hast kleine Kinder angeschrien: ,Maske ab! Maske ab!’“ Lustiger ist allerdings, sich das selbst anzuschauen. 

 

Die Filmindustrie ist nicht klimafreundlich. Zumindest ein Teil von ihr will es aber werden. Vorreiter in Deutschland war die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH), die (angeregt von ihren skandinavischen Nachbarn) 2012 den „Grünen Drehpass“ für Filme und Serien einführte, die auf umweltfreundliche Weise produziert wurden. Seit 2015 übernimmt sie auch die Kosten für den Einsatz eines „Green Runners“ bei geförderten Produktionen. Im April dieses Jahres wurde daraus der „Grüne Filmpass“. Der berücksichtigt nicht nur den Produktionsbereich, sondern die gesamte Wertschöpfungskette vom Drehbuch bis zum Verleih. Für Produktionen, die majoritär deutsch finanziert sind und in Deutschland gedreht werden, ist der „Grüne Filmpass“ seit April 2020 verpflichtend. FFHSH-Geschäftsführer Helge Albers hatte das im Interview mit „Blickpunkt Film“ erklärt.
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caption=“Oh-oh! Der Lockdown wird verlängert. Hier ist unser Weihnachtsfilmtipp, passend zum Zitat des Tages. | Foto © 20th Century Fox“

Optimisten und Polizisten: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 95.

„You better watch out/ You better not cry/ You better not pout/ I’m telling you why
Santa Claus is coming to town
He’s making a list,/ He’s checking it twice,/ He’s gonna find out who’s naughty or nice
Santa Claus is coming to town
He sees you when you’re sleeping/ And he knows when you’re awake/ He knows if you’ve been bad or good/ So be good for goodness sake…“

1932 von John Frederick Coots zu einem Text von Haven Gillespie 

Ja, wer kriegt denn nun den Impstoff? Als erstes? Das ist die zweite Frage, denn die erste ist, ob es denn überhaupt einen Impfstoff gibt? Vor Ostern, meine ich. 

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Risikogruppen – sagt man immer so. Vieles spricht dafür. Und dann erst das Klinik- und Pflegepersonal. Aber warum nicht umgekehrt: Erst die Leute, die noch gesund sind und sich dauernd mit Kranken auseinandersetzen müssen. Sind sie nicht noch gefährdeter, als die Risikogruppen? Und dann: Wenn es stimmt das junge gesunde Menschen „Superspreader“ sind, warum sollen sie nicht zuerst Impfstoff bekommen um das dann nicht mehr sein zu können? 

Aber diese Frage wirft uns natürlich auf das nächste Problem: Was heißt es eigentlich, geimpft zu sein? Bedeutet es dass man dann auch andere nicht mehr anstecken kann? Oder bedeutet es nur, dass man selber nicht krank werden kann? Fragen über Fragen. 

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