cn-kolumne: Ein Interview mit der deutsch-türkischen Schauspielerin Meryem Uzerli

Meryem Uzerli

Meryem Uzerli | Foto: © Urban Ruths

Steckbrief Meryem Uzerli

Bei Meryem Uzerli handelt es sich um eine deutsch-türkische Schauspielerin aus Kassel, die durch Ihre Rolle in der türkischen Erfolgsserie „Muhtesem Yüzyil“ (Casting: über die Produktion) zum Star wurde. Ihren Anfang nahm Meryems Schauspielkarriere bereits in ihrer Jugend an der freien Waldorfschule in Kassel. Diese weckte durch ihre Vielfalt an Theaterprojekten Meryems Liebe zum Schauspiel und förderte ihr Potential. Im Anschluss folgte die Ausbildung im Schauspielstudio Frese in Hamburg, nach deren Absolvierung sie an einigen deutschen Produktionen mitwirkte. Ihre Karriere hat Meryem aber letztendlich „dem Sprung ins kalte Wasser“ zu verdanken, als sie den Entschluss fasste, sich auf die historisch vielschichtige Rolle der „Hürrem Sultan“ zu bewerben, der ersten Sklavinkonkubine, die von einem Sultan in die Freiheit entlassen und von selbigem geehelicht wurde. Für Ihre darstellerischen Leistungen in dieser Rolle wurde Meryem mehrfach ausgezeichnet und genießt mittlerweile auch weit über die Türkei hinaus großes Ansehen.

Die Serie „Muhtesem Yüzyil“ hat Sie zu einem internationalen Star gemacht, wie kamen Sie an die Rolle?
Ich habe mal in einem freien Theaterprojekt mitwirken dürfen und lernte dort einen Schauspielkollegen kennen, über den ich dann eine weitere Kollegin kennenlernte, bei der wir als größere Reisegruppe während der Berlinale übernachten durften (wir kamen zu dem Zeitpunkt alle aus Hamburg angereist). Der Kontakt blieb über Facebook bestehen und Jahre später war es diese Kollegin, die mich anrief und mir von dem Projekt erzählte. Sie wisse von einer Produktion, für welche bereits tausende Mädchen weltweit gecastet wurden, man aber noch nicht die passende Besetzung gefunden hätte. Sie hatte von mir erzählt und ich wurde zum Casting nach Istanbul eingeladen.

Sie lebten seinerzeit noch in Deutschland, wie lief das Casting ab?
Ich kam in Istanbul an und wurde in die Produktionsfirma gefahren, wo an einem großen Tisch bereits die beiden Regisseure, der Produzent, die Producerin, die Casterin und die Drehbuchautorin saßen. Ich wurde generell über mein Leben „befragt“. Es war eine längere, ungezwungene, nette Unterhaltung. Ein Abend zum Kennenlernen. Ich bekam vier Szenen, die ich über Nacht vorbereiten sollte und am nächsten Morgen war das Casting, samt männlichem Hauptdarsteller, der bereits feststand und den Regisseuren. Nach dem Casting ging es zurück ins Hotel, mit der Aufgabe aufzuschreiben wie ich die Rolle sehe (Psychologie der Figur usw.) Den ganzen nächsten Tag verbrachte ich mit der Drehbuchautorin für die Rollenanalyse. Den darauffolgenden Tag lernte ich den restlichen Cast kennen und es fanden Leseproben mit den Regisseuren statt. Am Abend wurde mir mitgeteilt, dass ich die Rolle habe.

Wie wurden Sie in der Türkei auf- und angenommen?
Ich wurde sehr herzlich auf- und angenommen.

Hat man Sie dort als Deutsche oder als Türkin angesehen?
Als Meryem mit deutsch-türkischem Blut 🙂

Wie haben Sie sich auf Ihr Leben in der Türkei vorbereitet?
Das war nicht wirklich möglich. An dem Abend, als ich erfuhr dass ich die Rolle habe, wurde mir mitgeteilt, dass ich am nächsten Morgen nach Berlin fliegen, meine Sachen packen solle, um am Abend zurückzukehren. Die Dreharbeiten begannen bereits zehn Tage später und die Zeit davor wurde geprobt. Ich bin also ins kalte Wasser gesprungen.

Wie vertraut waren Sie vorher schon mit der türkischen Kultur?
Vertraut. Aufgrund dessen, dass mein Vater Türke ist und ich in meiner Kindheit diverse Urlaube dort verbringen durfte. Selbstverständlich ist es etwas anderes, wenn man plötzlich dort arbeitet und dort lebt. Zumindest war es mir nicht komplett fremd.

Wie hat sich Ihr Verhältnis zu Ihren türkischen Wurzeln in dieser Zeit verändert?
Ich hatte seit meinem letzten Familienurlaub dort (der Jahre zurück lag) nicht mehr wirklich einen Bezug. Dies hat sich dann sehr schnell verändert. Ich habe meine türkische Seite Schritt für Schritt wieder auferstehen lassen. Es war wunderschön, mit der Zeit zu sehen wie sehr ich doch eigentlich auch dort zu Hause bin. So ein starkes Gefühl. Das Herz hat es gleich verstanden.

Wie haben Sie die Rolle der Frau in der Türkei kennengelernt?
Ich lerne auf der ganzen Welt die unterschiedlichsten Frauen kennen und finde, dass wir alle etwas gemeinsam haben: Wir sind stärker als wir oft glauben.

Fühlen Sie sich als Ikone und Vorbild?
Ich bin einfach dankbar, dass so vielen Menschen meine Arbeit gefällt.

Wie hat sich die Wahrnehmung Ihrer Person in Deutschland verändert, werden Sie jetzt auch hier öfter auf der Straße angesprochen?
Ja, das passiert des Öfteren.

Bekommen Sie in Deutschland jetzt mehr Rollenangebote?
Bisher war und bin ich zeitlich sehr in internationale laufende Produktionen eingespannt, u.a mit der Produktionsfirma O3 und dem TV Giganten MBC, und habe meine Aufmerksamkeit gezielt nur meinen aktuellen Projekten gewidmet. Ich befinde mich jedoch derzeit in Verhandlungen für eine neue Kinoproduktion und hoffe daher sehr bald auch in Deutschland ausgestrahlt zu werden.

Welche prägnanten Unterschiede gibt es zwischen der deutschen und der türkischen Filmlandschaft?
Dazu kenne ich die deutsche Filmlandschaft zu wenig. Aus zeitlichen Gründen hatte ich nicht die Möglichkeit diese in den letzten Jahren mitzuverfolgen. Somit wäre mein Urteil momentan nicht professionell. Ich kann allerdings sagen, dass neue Gesichter, also unbekannte Schauspieler, in der Türkei mehr Chancen bekommen als hier.

Bald stehen Sie wieder in der Türkei vor der Kamera, was können Sie dazu erzählen?
Zuerst werde ich im Balkan einen Kinofilm drehen. Ab August geht es dann in die Türkei, um eine neue TV Weekly zu beginnen. Die Serie spielt, im Gegensatz zu der letzten, in der heutigen Zeit. Vom Genre her ist es ein Drama und die Bücher sind sehr spannend, aber ich darf darüber noch nichts erzählen.

Was sind Ihre Träume?
Dass meine Tochter immer gesund und glücklich ist.

Vielen Dank für das Gespräch!

www.meryem.me
www.lyons.de

Anmerkung der Redaktion:
Eigentlich hatte die Redaktion, unterstützt von Göksu Centinkaya, zuerst für eine Ausgabe zum Filmland Türkei und nach einem deutschen Spezialisten zum Thema Türkei recherchiert. Dabei waren wir von Göksu auf Meryem Uzerli aufmerksam gemacht worden. Schnell stand außer Frage, dass Meryem, als Person und mit ihrer Geschichte, nicht einfach als Korrespondentin für das Filmland Türkei, sondern vielmehr als Beispiel und Vorbild für Ihre Branchenkollegen dient, ebenfalls „den Sprung ins kalte Wasser“ zu wagen. Wir danken in diesem Sinne Meryem Uzerli für den persönlichen Einblick, Ihrem Agenten Dany Lyons und seiner Assistentin Yvonne Narwan für die zuvorkommende Vermittlung, Göksu Centinkaya, der uns auf diese wertvolle Schauspielerin und ihre Geschichte aufmerksam gemacht hat und Euch für Eure Aufmerksamkeit.

1 Kommentar
  1. Mahtab Aminian sagte:

    Meryem Uzerli ist eine der besten Schauspielerin die ich bisher kenne. Nur möchte ich wissen warum hat sie in der Mitte der Serie aufgehört um weiter zu spielen! Dürfte ich es erfahren?

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