cn-kolumne: Ein Interview mit der Schauspielmanagerin Sibylle Breitbach

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Steckbrief Sibylle Breitbach
Sibylle Breitbach ist das Gesicht hinter Wasted Management. Eine Frau, die schon immer den Austausch mit anderen Menschen und Kulturen geschätzt und gepflegt hat. Bereits als Geschäftsführerin des Kölner Hotels Chelsea förderte sie talentierte Künstler. Unbewusst streute sie damit bereits den Samen für ihre Zukunft, denn die Begegnung mit Heike Makatsch sollte Sibylle Breitbachs Leben für die kommenden 20 Jahre prägen. Der beidseitige Wunsch nach einer Zusammenarbeit legte das Fundament für Wasted Management. Heute kann sich Sibylle Breitbach mit einigen Namen rühmen, die unter ihren Fittichen zu Film- und Fernsehgrößen gewachsen sind. Dennoch bleibt sie genügsam und geht vorurteilslos auf die Suche nach Talenten, die zu ihr passen. Sibylle Breitbach ist ein Bauchmensch mit Köpfchen, dem Herz am rechten Fleck und eigentlich eine eher interviewscheue Persönlichkeit. Wir haben uns umso mehr über die Zusage zu einem persönlichen Gespräch gefreut.

Seit 20 Jahren bist Du als Schauspielmanagerin im „Business“ tätig. Wie kam es dazu?
Ich habe zu der Zeit das Hotel Chelsea in Köln geleitet, wo wir auch gerade sitzen. Das war eine wahnsinnig aufregende Zeit, in der ich die Freiheit hatte, mich kreativ austoben zu können. Das Hotel war sozusagen meine Plattform, wo ich mit Musikern, Plattenfirmen und Künstlern zusammenarbeiten konnte. Ich organisierte im Chelsea oft Ausstellungen bildender Künstler. Martin Kippenberger, Walter Dahn oder Joesph Kosuth zum Beispiel zahlten teilweise mit ihren Bildern bzw. Installationen. So erhielt das Chelsea im Laufe der Zeit eine recht umfangreiche Kunstsammlung. Es machte mir damals schon viel Spaß, direkt mit Künstlern und Kreativen zusammenzuarbeiten. Als der Inhaber des Hotels nach einigen Jahren Auslandsaufenthalt dauerhaft zurück nach Deutschland kam, führte er andere Strukturen im Hotel ein. Das war der Zeitpunkt, wo mir klar wurde, dass sich das in eine Richtung verändert, die nicht mehr die meine ist.

Es war auch die legendäre Viva-Zeit, als Du das Chelsea geleitet hast?
Genau. Über Steve Blame, der zu der Zeit von MTV London nach Köln kam, um VIVA II aufzubauen, lernte ich dort Heike Makatsch kennen. Wir mochten uns auf Anhieb und beschlossen, zusammenzuarbeiten, ohne zu wissen, was daraus werden könnte. So nahm vor 20 Jahren alles seinen Anfang.

Wie sah die Zusammenarbeit am Anfang aus?
Heike war eine der ersten Moderatorinnen bei VIVA und das Medieninteresse war gigantisch. Es gab damals Agenturen wie Pool Position, die zum Beispiel Stefan Raab vertreten haben. Heike suchte aber nach etwas anderem. Als wir uns kennenlernten, hatte sie das Gefühl, das in mir gefunden zu haben, und wir fingen einfach an. Zu Beginn musste ertastet werden, was wir machen wollen und was nicht. Das Interesse an Heike als Schauspielerin entstand durch ihre Präsenz bei VIVA. An Dorthe Braker lud sie zum Casting für Detlev Bucks Kinofilm „Männerpension“ ein – und sie bekam die Rolle. Dadurch hat sie ihre Leidenschaft für die Schauspielerei entdeckt.

Würdest Du sagen, dass so ein Pool wie damals bei VIVA, wo Nachwuchs gefördert und diese als Ikonen wahrgenommen wurden, heute fehlt?
Ich denke, das war eine ganz andere Zeit, in der noch Platz und Raum für Vorbilder, Ideale oder Ikonen, wie Du es nennst, war. Heute ist alles schnelllebiger, heute ist alles ausgerichtet auf Formate wie zum Beispiel DSDS oder das Supertalent, wo es sich um eher kurzfristigen „Ruhm“ handelt. Es ist völlig klar, dass, aufgrund der medialen Entwicklung, so ein Konzept wie bei MTV und VIVA heute nicht mehr funktioniert.

War damals die Zeit unbeschwerter?
Ich weiß nicht, ob die Zeiten unbeschwerter waren, wir waren unbeschwerter. Es war eine Zeit, in der man viel mehr experimentieren konnte.

Hast Du dich gleich als Managerin vorgestellt?
Nein, ich habe erst mal gesagt: „Heike Makatsch und ich arbeiten zusammen.“ Es war auch schwierig, einen Namen für die Agentur zu finden, aber irgendwann konnte ich meine Telefonnummer nicht mehr nur auf irgendwelche Zettel schreiben. Es musste eine konkrete Firmierung her. Für den Namen Wasted Management habe ich mich rückblickend mit ein wenig Selbstironie entschieden. Es war der Versuch auszudrücken, dass man sich selbst, mit dem was man tut, nicht zu ernst nehmen sollte. Dass wir unsere Sachen machen, und das hoffentlich gut, und mehr ist es nicht.

Wie kam es schlussendlich zu dem Begriff Management?
Ich habe den Begriff „Management” nicht bewusst gewählt. Mir war damals gar nicht klar, was der Unterschied zwischen „Management“ und „Agentur“ ist. Natürlich bekam ich mit, dass es verschiedene Agenturen gab. Da war Pool Position, die sich auf Moderatoren spezialisiert hatten, und Players, als Schauspieler-Agentur. Für mich war das alles noch sehr neu.

Du hast ja wirklich alles hinter Dir gelassen und Dich in einem Beruf selbstständig gemacht, in dem Du noch gar keine Erfahrung hattest. Konntest Du dort etwas von Deinen bisherigen Tätigkeiten nutzen?
Die Ausbildung und Berufserfahrung im Justizministerium haben mir eine gute Basis mitgegeben und die fünf Jahre im Hotelmanagement waren mein kreatives Spielfeld, wo ich ausprobieren konnte, was mir noch liegt. Auch, wenn es eine ganz andere Branche war, eine andere Herangehensweise, konnte ich vieles von dem anwenden, was ich im Justizministerium, wo alles von einem sehr klaren, strukturierten Ablauf bestimmt war, gelernt hatte. Dadurch konnte ich zum Beispiel Verträge verstehen und verhandeln. Der Rest war ein bisschen Freestyle, was ich aber im Hotel rund um die Uhr hatte. Das hat mir dann die innere Sicherheit und Zuversicht gegeben, dass das alles schon klappt.

Dein Schwerpunkt heute ist ja der Filmbereich. Wie kam es dazu?
Das hat sich alles sehr organisch entwickelt. Heike Makatsch war, wie erwähnt, eine der ersten Moderatorinnen bei VIVA und kam durch „Männerpension” zur Schauspielerei. Sie wusste vorher nicht, ob ihr die Schauspielerei liegt, hat es ausprobiert und ihre Leidenschaft dafür entdeckt. Es war ein ganz natürlicher Prozess, dass wir uns in diesem Bereich orientierten und etablierten.

Du hast ja auch noch andere Klienten, Sibel Kekilli zum Beispiel.
Sibel Kekilli und ich haben uns vor fast elf Jahren über den Film „Gegen die Wand” kennengelernt. Ich hatte den Film auf der Berlinale damals nicht gesehen, aber natürlich gehört, dass Fatih Akin dafür mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde. Ralph Schwingel, damals Produzent bei Wüste Film, stellte den Kontakt zwischen Sibel und mir her, ich sah mir „Gegen die Wand an” und war wahnsinnig beeindruckt von ihrer unglaublichen Präsenz und der Intensität ihres Spiels. Daraufhin haben wir uns getroffen und arbeiten seitdem zusammen.

Gibt es eine besonders positive Erfahrung für Dich in den letzten 20 Jahren?
Wenn ich die 20 Jahre Revue passieren lasse, dann gab es viele tolle Erfahrungen, und es gab natürlich auch weniger tolle. Ein Highlight war auf jeden Fall die erste Zusammenarbeit mit David Enthoven, dem Manager von Robbie Williams. Mit ihm während der Deutschlandtour von Robbie Williams zusammenzuarbeiten, war geprägt von großem Vertrauen, das er mir von Anfang an entgegen gebracht hat. Er ist jemand, der einen unglaublich motiviert und inspiriert, der sich für die Arbeit, die man macht, immer wieder bedankt und sich mit einem über die Erfolge, die man erzielt, freut. Das war schon eine ganz besondere und sehr ungewöhnliche Erfahrung. Das Schöne ist, dass es bei allen weiteren Konzerten ebenso war.

Du hast ja mehrere Klienten zu betreuen. Wie machst Du das?
Ich habe mich bewusst dafür entschieden, mit nur wenigen Klienten zu arbeiten. Das hat sich, wie gesagt, sehr organisch und aus der Zusammenarbeit mit Heike Makatsch heraus entwickelt. Dadurch, dass ich mit nur wenigen Klienten zusammenarbeite, habe ich die Möglichkeit, ganz individuell zu arbeiten. Denn die Künstler, die ich vertrete, sind sehr unterschiedliche und sehr eigene Persönlichkeiten, was für mich sehr wichtig und auch sehr spannend ist. Dadurch bin ich ganz anders gefordert und kann gemeinsam mit ihnen viel genauer überlegen, wo wir hinwollen und was wir machen wollen. Ich verstehe die Zusammenarbeit mit meinen Klienten als Teamwork.

Wie viele Drehbücher liest Du in der Woche und gibt es bei Dir auch mal eine Pause?
Das ist sehr unterschiedlich. Und ja, Pausen gibt es bei mir auf jeden Fall – die finde ich extrem wichtig.

Wo wir gerade bei Drehbüchern sind, Du hast ja auch eine Drehbuchautorin unter Deinen Klienten. Wie ist da die Zusammenarbeit entstanden?
Ich habe Miriam Dehne über gemeinsame Bekannte kennengelernt. Ich fand damals schon ihren Film „Little Paris” ganz besonders und finde generell die Art, wie sie schreibt und die visuelle Umsetzung dessen unglaublich schön. Sehr speziell und mit einer sehr eigenen Poesie in allem, was sie macht.

Ich würde gerne noch auf zwei neue Klienten von Dir eingehen, die Schauspielerinnen Pheline Roggan und Violetta Schuralow.
Beide sind sehr unterschiedlich. Ich weiß noch als ich Pheline Roggan in „Soul Kitchen” gesehen habe, da war ich hin und weg. Über die Jahre hatte ich sie ein bisschen aus den Augen verloren. Es war dann eine wunderbare Fügung, dass mich Mia Abadi von Prag PR anrief und fragte: „Möchtest Du Dich nicht mal mit Pheline Roggan treffen? Sie hat eine tolle Agentur, aber ein Management könnte für ihre weitere Entwicklung einfach nochmal eine andere Richtung vorgeben.” Wir lernten uns kennen und haben dann beschlossen, miteinander zu arbeiten. Wir befinden uns noch in der sogenannten Richtig-Kennenlernen-Phase, und ich finde die Entwicklung, die momentan stattfindet, sehr aufregend und sehr vielversprechend.

Bei Violetta Schurawlow war es so, dass sie auf mich zukam. Wir haben uns getroffen, und ich fand sie auf Anhieb interessant. Sie hat eine faszinierende Ausstrahlung und dazu gleichzeitig etwas total Bodenständiges. Ich dachte, sie ist wieder ein ganz anderer Typ als meine anderen Klienten, aber ich hatte keine Ahnung, wie sie vor der Kamera wirkt, weil es noch nichts von ihr zu sehen gab. Dann hatte mir die Produktion von Til Schweiger eine Szene mit ihr aus „Honig im Kopf” zur internen Ansicht zur Verfügung gestellt und danach war für mich klar, dass ich mit ihr zusammenarbeiten will. Sie hat großes Talent und ich finde es spannend, mit ihr diesen Weg zu gehen und zu sehen, was wir alles gemeinsam machen und erreichen können.

Wie ist das bei Deinen Klienten mit Absagen, nehmen sie diese persönlich?
Natürlich ist eine Absage immer erst mal eine Enttäuschung, aber wenn die Absage nicht persönlich, sondern inhaltlich begründet ist, dann ist alles okay.

Du hast also so eine Art Ruhe und Gelassenheit entwickelt, im Laufe der Jahre?
Die Gelassenheit habe ich nach 20 Jahren tatsächlich, weil ich weiß, es geht immer weiter, und wir kriegen das alles hin. Das ist bei mir ganz tief verankert. Ich bin dankbar dafür, mit den Klienten, die ich vertrete, zusammenzuarbeiten und in einem ständigen Entwicklungsprozess zu sein. Ich denke, dass Dinge immer einen Sinn haben, auch wenn man ihn oft erst im Nachhinein begreift. Diese Erkenntnis macht alles leichter. Man lernt, dass jede Veränderung auch eine neue Chance birgt.

Vielen Dank für das Gespräch zum 20-jährigen Jubiläum!

www.wasted-management.de

Das Gespräch führte: Tina Thiele | Ausarbeitung: Catharina Chlupaty, Madlen Scheffler & Carla Schmitt

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