Filmtipp: „Sneakers – Die Lautlosen“

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Wenn die Wirklichkeit die Fantasie überholt, liegt das auch daran, dass ihr die Fantasie voraus war. Mitunter mehr als 20 Jahre: 1992 warnte die Gaunerkomödie „Sneakers“ schon vor all dem, was uns heute im Datenverkehr Sorgen macht. Man musste nur richtig hinsehen. | Foto © Universal

Über Edward Joseph Snowden, die NSA und was man mit Internet und Mobilfunk so alles anstellen kann, brauche ich wohl nichts mehr zu schreiben, hat ja hier auch nichts zu suchen in einem Blog zum Filmschaffen … Es sei denn, der Fall zeigte, wie die Kunst mal wieder der Wirklichkeit voraus war, was damals nur keiner merkte oder merken wollte und das offenbar noch immer nicht tut. Zeit also für einen kleinen verschwörungstheoretischen Filmtipp am 11. September:
1992, als es noch Telefonzellen gab und ein Handy-Gespräch noch soviel kostete wie heute eine ganze Flatrate, als Computer noch mit Disketten gefüttert wurden, auf die vielleicht gerade mal ein Foto passte und kaum einer was vom Internet gehört hatte, erschien im Kino ein Film namens „Sneakers – Die Lautlosen“. In der Gaunerkomödie bekommen es ein paar Hacker mit Mafia und Geheimdiensten zu tun, die alle hinter einem mysteriösen schwarzen Kästchen her sind. Mehr darf ich darüber hier nicht verraten ohne alles zu verderben; das Ganze war jedenfalls mit etwas Sillicon-Valley-Romantik und 68er-Idealismus versehen, mit Robert Redford, Dan Aykroyd, Ben Kingsley, Mary McDonnell, River Phoenix und Sidney Poitier wundervoll besetzt und überhaupt ein spannender Spaß, der auch wunderbar Kasse machte. Obwohl die Kritikermeinungen gespalten waren. Die ehrwürdige „New York Times“ fand, der Film wirke wie gerade wieder auferstanden, nachdem er vor 20 Jahren lebendig begraben, der Plot sei schwach und weder lustig noch spannend, das Ensemble hochkarätig, liefere aber durchweg eine schlechte Vorstellung. Auch der verehrte Roger Ebert war nicht allzu beeindruckt, nannte den Film „unterhaltsam, aber dünn“ und stellte einige dramaturgische Klischees heraus, die er in einem Film zu Recht lieber nicht mehr sehen wollte, die aber in diesem Fall verzeihlich, vielleicht sogar angebracht waren, weil Plot, Tonfall und Dramaturgie eben auch mit sowas spielten, und „Sneakers“ nicht nur Computertechnik und Verschwörungstheorien, sondern sein eigenes Genre auf die Schippe nimmt.
Doch darum ging es ja gar nicht. Doch worum es tatsächlich ging, das mysteriöse schwarze Kästchen nämlich und warum es in der Welt war, das war den Kritikern keinen Gedanken wert. Auch nicht dem gestrengen „Lexikon des Internationalen Films“, das auf den Besprechungen des „Film-Diensts“ basiert und „Sneakers“ so beschreibt: „Humorvolle Einbrecherstory, deren High-Tech-Gewand alten Klischees den Anschein des Neuen verpasst. Auch die hochkarätigen Darsteller können letztlich über diese Tatsache nicht hinwegtäuschen.“
Nun sind wir es zwar gewohnt, das Filmkritiken sich allzu gerne allein mit Handlung und Charakteren aufhalten und sich wenig um alle anderen Ebenen eines Films kümmern, doch nicht mal bei der Beschäftigung mit dem Plot hat man sich hier sonderlich angestrengt. Dabei hatte schon drei Jahre vor dem Filmstart „Der Spiegel“ eine Titelgeschichte über die Lauschangriffe der NSA veröffentlicht.
Auch dem war übrigens die Filmkunst voraus: Lawrence Lasker und Walter F. Parkes hatten die Idee zu ihrem Drehbuch bereits 1981, als sie an War Games – Kriegsspiele arbeiteten; ebenfalls ein Hackerfilm, wichtiger im Tonfall, politisch aber wesentlich harmloser. Mit dem Regisseur Phil Alden Robinson arbeiteten sie neun Jahre lang an der Entwicklung des Films, den die drei schließlich auch gemeinsam produzierten.
Was in dem Drehbuch steckt, hatte übrigens Stephen Tobolowsky, der eine wichtige Nebenrolle spielt, sofort begriffen. Zum 20. Jubiläum des Films erinnerte er sich um vorigen September: „Das Skript […] ist ein Wunder der modernen Welt des Drehbuchschreibens. Es überdauert durch Witz und nicht Tricks. Es ist eine Gaunerkomödie, die die Grenzen des Genres überschreitet. Ein Technikfilm, der immer noch nicht veraltet ist, obwohl er vor 20 Jahren erschien und noch Akustikkoppler als Modems benutzt.“

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